Für freiwilliges Engagement haben Jugendliche heute weniger Zeit denn je. Die evangelische Jugend will sie mit einem speziellen Traineeprogramm locken.

Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)

Stuttgart/Innenstadt - Sport, Musik, Freunde treffen und mehrmals die Woche Nachmittagsunterricht. Der Stundenplan von vielen Jugendlichen ist bereits voll. Für ehrenamtliches Engagement bleibt da kaum Zeit. Deshalb hat sich die evangelische Jugend etwas einfallen lassen: Ein Traineeprogramm für Jugendliche. Das Ausbildungsprogramm befähigt die Jugendlichen nach Abschluss zur Leitung von Jugendgruppen. Grund ist, dass die Kirche junge Leute für die Jugendarbeit braucht. „Wir müssen ihnen etwas bieten, wenn sie sich Zeit nehmen sollen“, sagt Christoph Werkmann, Jugendreferent bei der evangelischen Jugend im Stuttgarter Osten und dort zuständig für das Programm „Trainee“. In einigen Stadtteilen der Landeshauptstadt, wie Ost und West, hat die evangelische Jugend das Programm „Trainee“ im vergangenen Jahr zum ersten Mal angeboten. Bei der Ausbildung sollen die Jugendlichen auch lernen, Verantwortung zu übernehmen und Eigeninitiative zu entwickeln.

 

Elf Schüler aus den Stadtteilen Gaisburg und Ostheim haben im Stadtbezirk Ost daran teilgenommen. Mit einem eintägigen Praxisteil haben sie ihre Ausbildung beendet und dabei eine Weihnachtswerkstatt für Kinder am Tag vor Heiligabend im Lukas-Gemeindehaus organisiert. „Jetzt dürfen die Teilnehmer rein theoretisch Kinder- und Jugendgruppen selbstständig leiten“, erklärt Werkmann. Wichtig sei nach dem Theorieteil die Praxiserfahrung. „Alle sind ganz scharf darauf, dass sie jetzt bei den Konfirmanden-Wochenenden als Nachwuchsmitarbeiter helfen dürfen.“

20 Termine

Neben der evangelischen Jugend beteiligen sich im Osten die beiden evangelischen Kirchengemeinden Lukas-Lutherhaus und Gaisburg an dem Programm , das Teil eines landesweites Projekts des Evangelischen Jugendwerks in Württemberg ist. Die Ausbildung bereitet Jugendliche auf ehrenamtliches Engagement bei Vereinen, Verbänden oder der Kirche vor. „Bei der Arbeit mit Kindern ist ein standardisierter Ausbildungsweg notwendig“, erklärt Werkmann. An rund 20 Terminen müssen die Jugendlichen teilnehmen, um ein Abschlusszertifikat zu erhalten. „Bei Bewerbungen um einen Ausbildungs- oder Studienplatz ist das für die Absolventen ein Pluspunkt. Engagierte Leute sind schließlich überall gefragt“, betont Werkmann.

Inhaltlich reichen die Seminare von der Aufsichtspflicht und dem Jugendschutz bis zu gruppenpädagogischen Themen. „An ein bis zwei Stellen haben wir auch theologische Inhalte vermittelt“, sagt der Jugendreferent Werkmann. Allerdings nur begrenzt: Die Fortbildung solle schließlich nicht einfach eine Weiterführung des Religionsunterrichts sein. Auch Spaß solle das Ganze machen. Deshalb gab es zur Abwechslung auch Ausflüge ins Erlebnisbad Aquatoll oder in eine Indoor-Kletterhalle.

Zu großer Aufwand

Auch im Stuttgarter Westen hatten elf Jugendlichen das Traineeprogramm angefangen, einige es aber gleich zu Beginn wieder abgebrochen. Der Aufwand war ihnen neben der Schule zu groß. „Die Aussicht auf das Zertifikat zieht allerdings bei einigen“, sagt Regina Ullrich, die bei der evangelischen Jugend für den Stadtbezirk West zuständig ist. Problematisch sei für sie noch, wo die Jugendlichen nach der Ausbildung im Westen eingesetzt werden können. „Viele werden auch von den Waldheimen angefragt oder in die bestehende Jugendarbeit eingebunden“, weiß Martin Gutbrod, fachlicher Leiter der evangelischen Jugend, aus anderen Stadtbezirken.

Mit dem Traineeprogramm ist Gutbrod zufrieden. Ob die Absolventen sich danach bei der evangelischen Jugend ehrenamtlich engagieren, sei ihre Entscheidung, findet er. „Wichtig ist uns, dass sie mitnehmen, wie sie mit anderen Menschen richtig umgehen und dass sie positive Erlebnisse bei uns sammeln.“ Auch dem 15-jährigen John, zurzeit Trainee im Stuttgarter Westen, gefällt das Programm gut. „Das Zertifikat ist sinnvoll. Die Ausbildung könnte jedoch mehr praktische Phasen haben“, findet der Gymnasiast. Theorie habe er in der Schule genug.

Infos zum Ausbildungsplan

Inhalt: Die Teilnehmer lernen, ein Freizeitprogramm für Kinder und Jugendliche anzubieten. Auf dem Ausbildungsplan stehen Persönlichkeitstrainings, Praxis-Projekte, Gespräche zum Glauben, aber auch Seminare zu den Themen Organisation, Recht und Finanzen. Gemeinsame Wochenendausflüge und erlebnispädagogische Trainings runden das Ausbildungsprogramm ab. Neben den Schulungen haben die Jugendlichen Praxistage, bei denen sie ihr theoretisches Wissen anwenden können.

Ablauf: Im Zeitraum von rund einem Jahr treffen sich die Trainees ungefähr 14-tägig, gelegentlich auch an Wochenenden. Für das ehrenamtliche Engagement und die Teilnahme am Programm in der Jugendarbeit bekommen sie einen Quali-Pass, wenn sie an mindestens 80 Prozent der Veranstaltungen teilgenommen haben. Das Traineeprogramm ist für Jugendliche aller Religionen offen. nay