Das ausgesetzte Baby in Fellbach ist kein Einzelfall. Die Leiterin der Stuttgarter Babyklappe erklärt, warum Hilfe nicht immer ankommt.

Stuttgart - Am Dienstag wurde ein neugeborenes Mädchen in Fellbach in einem Blumenbeet ausgesetzt ». Inzwischen hat eine 26-jährige Frau zugegeben », den Säugling ausgesetzt zu haben. "Das macht mich betroffen", sagt Carola Strauß im Gespräch mit Stuttgarter Zeitung Online. Sie ist Leiterin des Stuttgarter Weraheims. Seit acht Jahren verfügt das Mutter-Kind-Heim über eine Babyklappe.

Wie oft kommt es vor, dass Mütter ihre Kinder wieder zu sich nehmen, nachdem sie den Weg der anonymen Abgabe gewählt haben?


Wird ein Baby bei uns abgegeben, erhalten wir häufig unmittelbar danach oder in den darauf folgenden Tagen einen Anruf der Mutter. Die Sorge um das Wohlergehen des Kindes steht dabei im Vordergrund. Die Mütter wollen wissen, ob sie alles richtig gemacht haben. In fünf von insgesamt 20 Fällen ist es sogar gelungen, Mutter und Kinder wieder zusammenzuführen. In einem weiteren Fall besteht zumindest ein Kontakt. Es ist wichtig den Frauen in dieser Situation mit Verständnis zu begegnen, ihnen Beratungsmöglichkeiten aufzuzeigen und Hilfe anzubieten. Oft stehen viele verschiedene Probleme im Raum.

Was halten Sie von der Empfehlung des Ethikrates, die Babyklappen wieder abzuschaffen ?


Seit wir das Angebot geschaffen haben, wurden bei uns 20 Babys abgegeben. Ich frage mich, was wäre mit diesen Kindern passiert, hätte es die Klappe nicht gegeben. Ich denke das aktuelle Beispiel in Fellbach zeigt es deutlich. Ich kann der Kritik allerdings insofern zustimmen, als dass es mit einer Klappe alleine nicht getan ist. Es ist wichtig Hilfe anzubieten, bevor sich Mütter zu diesem drastischen Schritt entscheiden. Das ist allerdings schwierig, wenn sich Frauen schon während ihrer Schwangerschaft abkapseln und weder Beratungsangebote noch Vorsorgeuntersuchungen wahrnehmen.

Was geschieht mit Kindern, die in der Babyklappe landen?


Zunächst wird ein Alarm ausgelöst, der allerdings nur auf der Station zu hören ist. Die Mutter soll nicht erschreckt werden. Danach dreht sich alles um das Wohl des Kindes. Die Anonymität der Person, die das Kind abgegeben hat, soll unbedingt gewahrt werden. Als erstes wird der Notarzt gerufen. Das ist schon alleine deshalb notwendig, weil die meisten Babys, die in der Klappe abgegeben werden, ohne ärtzliche Hilfe zur Welt gebracht wurden. Außerdem besteht bei Neugeborenen immer die Gefahr der Unterkühlung. Deshalb ist die Babyklappe genau genommen auch ein Wärmebett mit konstant 37 Grad.

Wie geht es für die Kinder und auch für die Mütter weiter?


Wir informieren das Jugendamt, eine Vormundschaft wird beantragt, dann kommen die Babys bis zu acht Wochen in eine Pflegefamilie. Der zeitlich begrenzte Aufenthalt bei den Pflegeeltern ist gewollt. Uns war es wichtig, dass die Adoption nicht gleich eingeleitet wird. Somit erhalten auch die leiblichen Eltern eine Gelegenheit sich zu melden und das Baby zu sich zurück zu nehmen.

Trotz Babyklappe werden Babys immer wieder ausgesetzt. Gibt es zu wenig Aufklärung zu diesem Thema?


Wenn Babys auf Parkbänken oder vor Kirchen ausgesetzt werden ist das tragisch. Das macht mich betroffen. Die letzte Verantwortung haben aber die Mütter. Warum Babys, wie im aktuellen Fall geschehen, nicht in der Babyklappe abgegeben werden, lässt sich kaum beantworten. Vielleicht war die Mutter von der Geburt zu geschwächt und der Weg bis ins Mutter-Kind-Heim zu weit. Informationen zum Thema, Anlaufstellen und Beratungsangebote gibt es viele, nicht immer jedoch kommt die Hilfe auch an. Ich wünsche mir, dass die Informationslage irgendwann so gut sein wird, dass Babys nicht mehr ausgesetzt werden.

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