Ihre Fürsorgepflicht zwingt die Verwaltung in Stuttgart, in den Etatberatungen die richtigen Prioritäten zu setzen und die Behörde mit weiterem Personal und finanziellen Anreizen zu stärken, sagt StZ-Redakteur Jörg Nauke.

Stuttgart - Das muss man der Stadt lassen: Sie ist immer voll da, wenn das Land um Hilfe ruft. Am Wochenende hat das Sozialamt erneut in kürzester Zeit für mehr als 120 Flüchtlinge eine Unterkunft organisiert. Angesichts des stetigen Stroms von Flüchtlingen dürfte die Landeshauptstadt bei der Unterbringung dennoch langsam an ihre Grenzen stoßen – vor allem wenn das Land eigentlich für die dauerhafte Unterbringung reservierte Gebäude für sich als Erstaufnahmestellen reklamiert und man nicht Turnhallen und Waldheime als dauerhafte Quartiere ins Kalkül zieht.

 

Die schwierige Suche nach geeigneten Unterkünften und das Bemühen um eine verträgliche Verteilung auf die Bezirke stehen im Fokus. Bisher von der Stadt – zumindest bis zur StZ-Berichterstattung – weitgehend ignoriert, wurde die problematische Situation der Ausländerbehörde, oder genauer: deren Mitarbeiter und Kunden. Dazu zählen Asylbewerber, aber auch Studenten aus Drittstaaten oder Arbeitnehmer örtlicher Betriebe mit fremdem Pass. Die Zahl der Aktenzeichen erhöht sich parallel zum Zustrom. Infrastruktur und Personalausstattung hinken der Entwicklung folglich deutlich hinterher.

Keine schnelle Lösung in Sicht

Indikatoren für ein gutes Arbeitsklima sind wenige Kündigungen und wenig Krankheitstage. Als diese Werte in den roten Bereich wanderten, hätte die Rathausspitze bereits aufhorchen müssen. Doch neue Stellen sollen sich ja rechnen. Jeder, der sich schon einmal bei der Führerscheinstelle die Beine in den Bauch gestanden hat, weiß, wie lange ein Tag auf Behördenfluren sein kann – und jetzt stelle man sich vor, man warte nicht zwei, sondern zwölf Stunden auf den Termin und lege sich bereits um Mitternacht bei fünf Grad schnatternd vor die Tür, um sicher zu sein, am nächsten Tag sein Anliegen vorbringen zu können.

Ihre Fürsorgepflicht zwingt die Verwaltung, in den Etatberatungen die richtigen Prioritäten zu setzen und die Behörde mit weiterem Personal und finanziellen Anreizen zu stärken. Natürlich erfolgt der Versuch, dem Problem abzuhelfen, spät und ein schneller Erfolg ist auch nicht in Sicht. Aber es gibt für die Belegschaft eine Perspektive – womöglich sogar an einem neuen Standort. Auch Soforthilfe ist möglich: Ein freundlicher Mitarbeiter könnte die aktuelle Lage auf dem Flur entspannen.