Die US-Bürgerin Amanda Richards wollte sich ein Leben in Stuttgart aufbauen. Bis das Ausländeramt ihre Pläne durchkreuzte. 

Stuttgart - Die Amerikanerin Amanda Richards ist nach Stuttgart gekommen und wollte bleiben. Jetzt kann sie es kaum erwarten, die Stadt und die Bundesrepublik zu verlassen. Hinter ihr liegt eine Odyssee, die sie bekannt gemacht hat mit den Feinheiten des deutschen Ausländerrechts, mit allzu paragrafentreuen Sachbearbeitern und einem wenig hilfsbereiten Stuttgarter Ausländeramt.

 

Obwohl Amanda Richards alle Voraussetzungen erfüllt, um in Deutschland arbeiten und eine ganze Weile bleiben zu können, ist die Amerikanerin über eine Formalie gestolpert. Jetzt muss sie ausreisen. Ihren bezahlten Praktikumsplatz bei einem Stuttgarter Architekturbüro musste sie schon vor Wochen aufgeben. So will es das Ausländeramt. Und Amanda sagt nur: "Nach dem, was passiert ist, kann ich mir ohnehin nicht mehr vorstellen, hier zu leben."

Das Paar muss wieder bei Null anfangen

Dabei haben sich Amanda und ihr bayrischer Freund Sebastian Reymers in den erstem Wochen in Stuttgart "richtig wohlgefühlt". Richards und Reymers sitzen in ihrer schnuckeligen Wohnung am Luisenplatz, die sie erst im Juni bezogen und mit Liebe eingerichtet haben.

Es ist die erste gemeinsame Wohnung. Die beiden haben gestrichen, Möbel gekauft, einen Arbeitsplatz für Reymers eingerichtet, der begonnen hat, sich als Möbeldesigner selbstständig zu machen. Sie haben sich darauf eingestellt, eine ganze Weile am Luisenplatz zu leben, jetzt sind sie gezwungen alles aufzugeben und bei null anzufangen.

Für das Ausländeramt galt Amanda Richard als Illegale

Der 7. Juli 2011 war der Tag, an dem die Welt des Paares aus den Fugen geriet. Reymers und Richards waren beim Stuttgarter Ausländeramt, nachdem sie zuvor tagelang versucht hatten, eine Aufenthaltsverlängerung für Amanda zu bekommen. Alle nötigen Unterlagen hatten sie vorgelegt, den erhofften Aufenthaltstitel bekamen sie trotzdem nicht, stattdessen rief ein Mitarbeiter des Ausländeramtes die Polizei. Das Paar wurde von zwei Beamten in einem Polizeibus aufs Revier gebracht und vernommen. Vorgeworfen wurde Richards unerlaubter Aufenthalt in Deutschland.

Die Polizisten ließen die 23-Jährige schnell wieder frei, nachdem sie ihre Geschichte gehört hatten. "Amanda hat die ganze Zeit über geweint und gefragt, was eigentlich los sei, aber ich konnte es ihr auch nicht erklären", erzählt Reymers. Im Ausländeramt nahm man der 23-Jährigen noch am selben Tag den Reisepass ab und händigte ihr ein Dokument aus, das ihr nur noch fünf Tage in Deutschland zugestand. In ihrer Not schaltete das Paar eine Anwältin ein, danach zeigte sich das Ausländeramt kooperativer.

Das deutsche Ausländerrecht ist kompliziert

Die Geschichte, die zum 7. Juli führt, ist kompliziert, wie vieles im Ausländerrecht. Der erste Fehler des Paares war es, sich an das falsche Ausländeramt gewandt zu haben. Bereits im Frühjahr legte Reymers bei der Ausländerbehörde in seiner Heimat Fürstenfeldbruck den Antrag auf eine Arbeitsgenehmigung für seine amerikanische Freundin vor.

Den Praktikumsplatz bei dem Stuttgarter Architekturbüro hatte sie zu dieser Zeit schon sicher. Eine Mitarbeiterin des bayrischen Ausländeramts stellte die notwendige Anfrage bei der Arbeitsagentur und händigte Reymers den positiven Bescheid aus - mit dem Hinweis, dass eigentlich die Stuttgarter zuständig seien und sie sich dorthin wenden müssten. Was die beiden dann auch taten, allerdings erst Wochen später, weil sie der Meinung waren, mit dem Bescheid der Arbeitsagentur das wichtigste Dokument schon in der Hand zu haben.

Tatsächlich reichte das Papier aus, um beim Finanzamt eine Steuernummer zu bekommen, um bei einer Krankenversicherung aufgenommen zu werden und bei ihrem Arbeitgeber anfangen zu können. Rein juristisch betrachtet aber handelte es sich dabei um ein internes Papier der Ausländerbehörde, das üblicherweise gar nicht ausgehändigt wird.

Ein Missverständnis führte zum Vorwurf der illegalen Einwanderung

"Amanda Richards hätte vor ihrem Arbeitsbeginn in Stuttgart mit dem Dokument zu uns kommen müssen, um die erforderliche Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis zu bekommen, die in den Pass eingeklebt wird", erklärt Harald Zagroll, der Leiter des Stuttgarter Ausländeramts.

Reymers und Richards aber waren der festen Ansicht, dass sie bis Ablauf der visumsfreien drei Monate Zeit hätten, den Rest zu erledigen. Ein fatales Missverständnis, wie sich herausstellen sollte. Denn in Stuttgart galt die Amerikanerin inzwischen als Illegale und wurde auch so behandelt, weil sie bereits im Mai angefangen hatte zu arbeiten.

"Unglücklicher Fall"

Die Staatsanwaltschaft hat das Verfahren wegen unerlaubten Aufenthalts gegen eine Zahlung von 100 Euro eingestellt. Das Stuttgarter Ausländeramt spricht inzwischen von einer "völlig überzogenen Reaktion" und will sich brieflich bei der Amerikanerin dafür entschuldigen, dass ihr Pass eingezogen worden und die Polizei gerufen worden sei.

"Künftig müssen alle Mitarbeiter sich bei dem Vorgesetzten absichern, bevor sie die Polizei einschalten", sagt Harald Zagroll. Er spricht von einem "unglücklichen Fall", sagt aber auch, dass das Gesetz eindeutig sei und die Aufnahme einer Arbeit ohne entsprechenden Aufenthaltstitel eben nicht erlaubt sei. Damit sei klar, dass Amanda Richards ausreisen müsse. Man sei ihr aber entgegengekommen und habe ihr bis September Zeit gelassen, damit sie einen billigeren Flug buchen könne.

Neuanfang in den USA

Amanda Richards Flug in die USA geht am 1. September, Sebastian Reymers folgt ihr im Oktober, die Wohnung am Luisenplatz lösen sie Ende August auf. "Amanda ist behandelt worden wie eine illegale Einwanderin, die sich monatelang in irgendeinem Hinterhof versteckt hielt", sagt Reymers. Die Erfahrung sitzt: Amanda Richards schreckt noch immer zusammen, wenn sie irgendwo einem Polizisten begegnet. "Ich denke sofort, man will mich ausweisen." Ihr Freund ist überzeugt, dass ein hilfsbereiter Mensch gereicht hätte, um die Dinge in Ordnung zu bringen.

In dem Stuttgarter Architekturbüro von Matthias Bauer bedauert man unterdessen den erzwungenen Abschied von Amanda Richards, die ihr Praktikum in jedem Fall hätte verlängern können. "Sie hat gute Arbeit gemacht und war schon allein durch ihre Sprachkenntnisse für uns wertvoll", sagt die Mitarbeiterin Sabine Schneider.