Die Stadt rechnet in diesem Jahr mit mehr als 500 Neuanträgen auf Freiluftbewirtschaftung. Diese macht sich auch bei den Einnahmen bemerkbar.

Stuttgart - Rechtzeitig vor dem 1. Mai haben Stuttgarts Wirte und Restaurantbesitzer das Mobiliar gesäubert und die Sonnenschirme entstaubt. Fürs Wochenende und über den Brücken- und den Feiertag haben die Meteorologen frühsommerliche Temperaturen angesagt – und damit auch den Startschuss für die Biergärten und Cafés in der Stadt gegeben. Durch Stuttgart, das einst sogar mit dem Slogan „Stern des Südens“ liebäugelte, weht zumindest in den nächsten Tagen wieder ein erster Hauch von südländischem Flair.

 

Freiluftgastronomie ist ein Theater, bei dem die Zuschauer zugleich Darsteller sind. Luftige Sommerkleider werden ebenso zur Schau gestellt wie die neueste Sonnenbrillenmode oder gar der schwitzende Oberkörper. Im Freien lebt der Mensch auf, was sich auch bei den Einnahmen der Gastronomen bemerkbar macht: Für sie beginnt jetzt die umsatzstärkste Zeit des Jahres.

Kein Wunder, dass der Trend zur Außengastronomie ungebrochen ist. In den vergangenen Jahren hat die Stadt jeweils rund 500 Konzessionen für Straßenund Terrassenbewirtschaftungen neu vergeben. In diesem Jahr sind es bis jetzt 400 – Tendenz steigend. „Da kommen bis zum Sommer bestimmt noch mehr als hundert hinzu“, prognostiziert Timo Luppold, Sachgebietsleiter bei der für die Konzessionsvergabe zuständigen Gewerbe- und Gaststättenbehörde der Landeshauptstadt.

Beschwerden der Nachbarn halten sich in Grenzen

Je nach Größe des Außenbewirtschaftungsbereichs müssen die Gastronomen eine entsprechende Sondernutzungsgebühr berappen, hinzu kommen eine Konzessionsgebühr von 50 Euro und noch mal 76 Euro für die straßenrechtliche Nutzung. Das schreckt die Wirte offenbar nicht ab, ihren Gästen Plätze an der frischen Luft anzubieten. Nach Luppolds Erfahrung stellen auch immer mehr kleinere Betriebe wie Imbissbuden Anträge auf Außenbewirtschaftungserlaubnis.

Zwar gebe es immer mal wieder, vor allem in der Innenstadt, Beschwerden von Nachbarn, die sich besonders an den langen Sommerabenden durch den Gastronomiebetrieb gestört fühlten. „Aber das hält sich in Grenzen“, so Luppold. Umgekehrt kann auch Jürgen Kirchherr, der Hauptgeschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbandes, keine übermäßigen Klagen von Gastronomen wegen Gängelei bei der Konzessionserteilung feststellen: „Aber der eine oder andere beschwert sich schon mal über die Höhe der fälligen Gebühren.“

Klagen gibt es mitunter darüber, wenn die Wirte die ihnen genehmigte Fläche für das Aufstellen der Stühle, Tische und Schirme überschreiten und so etwa die Bewegungsfreiheit von Fußgängern beschränken. Der städtische Vollzugsdienst kontrolliert allerdings nur stichprobenartig. Dennoch: wer erwischt wird, dem drohen Bußgelder, Nachzahlungen oder – im schlimmsten Fall – der Entzug der Konzession. Gerade für kleinere Betriebe kann dies das wirtschaftliche Aus bedeuten, denn die Einnahmen aus den Sommermonaten sind fest eingeplant.

Konflikte mit Fußgängern ließen sich vermeiden

Auch die Bezirksvorsteherin von Stuttgart-Mitte, Veronika Kienzle, freut sich über das schöne Wetter, weist aber auf die Schattenseiten der Außengastronomie hin: Bei schlechtem Wetter verkämen die Gehsteige und Plätze schnell zu „Möbellagern“. Die übermäßige Nutzung des öffentlichen Raums sei gerade in der Stadtmitte, in der allein circa 600 Freiluftwirtschaften zugelassen sind, ein Problem.

Konflikte zwischen Fußgängern und Gästen ließen sich nach Kienzles Ansicht durch eine Verbreiterung der Gehwege über das geltende Mindestmaß von 1,50 Meter hinaus vermeiden. Schließlich, merkt Kienzle süffisant an, sei OB Wolfgang Schuster Mitunterzeichner der Internationalen Charta für das Gehen.