Von Petticoat bis Wirtschaftswunder – wie Esslingen in den 50er-Jahren aussah und was die Menschen damals bewegte, zeigt die neue Ausstellung im Stadtmuseum.

Kultur: Kathrin Waldow (kaw)

Esslingen - Per Aufruf hat sich das Esslinger Stadtmuseum vor einigen Wochen an die Bürger gewandt und um Leihgaben aus den 50er-Jahren gebeten. „Etwa 25 Personen haben sich bei uns gemeldet, die jede Menge aus dieser Zeit zu erzählen haben. Von zwölf Privatleuten haben wir nun Objekte in unsere Ausstellung aufgenommen“, sagt Julia Opitz, die Volontärin im Stadtmuseum. Zusammen mit Gegenständen aus dem Fundus des Museums hat sie die Ausstellung „Erinnerung eines Jahrzehnts. Esslingen in den 50er-Jahren“ kuratiert: Im ersten Stock des Gelben Hauses stimmen pastellfarbene Wände in das vergangene Jahrzehnt ein. Inhaltlich geht es von der Industrie und Wirtschaft, die Freizeitgestaltung über die Familie und den Haushalt bis zum Thema Heimatvertriebene und Flüchtlinge.

 

„In dieser Zeit ist sehr viel in Esslingen passiert, und es war sicherlich nicht immer alles rosig und schön, sondern natürlich auch stark geprägt von den Kriegsfolgen. Das wollten wir nicht ausklammern“, sagt Christian Rilling, der stellvertretende Leiter der städtischen Museen Esslingen. Symbolisch für die Not in dieser Zeit sind etwa Lebensmittelmarken, eine Vermisstenliste sowie eine Ausgabe des 1955 erschienen Romanes „Soweit die Füße tragen“ ausgestellt, auf einem Video läuft ein Film über die letzten Spätheimkehrer.

Partys halten Einzug in Esslingen

Die schöneren Seiten der 50er-Jahre sind in der Schau unter dem Aspekt Freizeit festgehalten: Bowleschüsseln und originale Gläser, Salzstangenbehälter, sowie ein Tefifon zum Abspielen von Musik stehen stellvertretend für die Partys, die langsam Einzug hielten, ein Foto von dem damaligen Esslinger Tanzcafé Maxim zeigt, dass auch die Neckarstadt ausgehmäßig etwas zu bieten hatte.

Ein nachgebautes Wohnzimmer lässt die Einrichtungsideen des Jahrzehnts noch einmal in voller Blüte erscheinen. Als Höhepunkt in Sachen Möbeln geht auch die Spüle mit eingebauter Badewanne durch, die von dem Esslinger Hersteller Frey gefertigt wurde. Von der Küche ist der Übergang zur Rolle der Frau in den 50er-Jahren fließend, die ebenso in der Ausstellung thematisiert wird. Auch die Industrie- und Wirtschaftsgeschichte in Esslingen spielt eine große Rolle und wird anhand verschiedener Objekte etwa von Eheim, Hengstenberg, Eberspaecher oder dem Schreiber Verlag eindrucksvoll aufgegriffen.

Anekdotenaustausch an der Milchbar

„Wir haben auch einen Bereich, in dem noch Platz für weitere Leihgaben ist“, damit will Opitz den Esslingern auch während der Ausstellungszeit die Chance geben, sich zu beteiligen. Und auch Rilling hofft auf einen regen Austausch von Erinnerungen unter den Besuchern: „In einer Slideshow haben wir historische Fotos aus dem Jahrzehnt aus Esslingen zusammengetragen, da fallen dem ein oder anderen sicherlich ein paar Geschichten dazu ein. Denn das Gute ist ja, dass diese Generation jetzt noch etwas darüber erzählen und weitergeben kann, und die persönlichen Geschichten sind die schönsten Geschichten“, sagt Rilling. Die eigens für die Ausstellung konzipierte Milchbar soll für solche Gespräche den passenden Rahmen bieten.

Vom 8. April bis zum 17. September ist die Ausstellung „Erinnerung eines Jahrzehnts. Esslingen in den 50er-Jahren“ im Stadtmuseum im Gelben Haus am Hafenmarkt 7 in Esslingen zu sehen. Öffnungszeiten sind dienstags bis samstags von 14 bis 18 Uhr und sonn- und feiertags von 11 bis 18 Uhr.