Die Manipulationen sind seit Tagen das beherrschende Thema an den Börsen. „Die Nervosität ist extrem hoch, entsprechend sind die Ausschläge“, sagte ein Händler in Frankfurt. Auch der Börsengang des Zulieferers Schaeffler dürfte sich nun verzögern.

Frankfurt - Die Folgen des Abgasskandals von Volkswagen haben die weltweiten Aktienmärkte auch am Dienstag heftig bewegt. Hinzu kamen Sorgen um das weltweite Wirtschaftswachstum. „Die Nervosität ist extrem hoch, entsprechend sind die Ausschläge“, sagte ein Händler in Frankfurt. Die Furcht vor einer Rezession hatte den Deutschen Leitindex Dax am Vormittag noch auf den niedrigsten Stand seit Dezember 2014 gedrückt. Der Leitindex schloss nach einem wechselhaften Verlauf mit einem leichten Rückgang. Beherrschendes Thema am Markt war erneut der Skandal um die Manipulation von Diesel-Abgaswerten bei Volkswagen. „Jeden Tag kommt eine neue Zahl ans Licht, keiner weiß wirklich, wie hoch am Ende der Schaden sein wird und ob die Rückstellungen ausreichen“, sagte der Händler.

 

Es sei auch nicht absehbar, wie sich der Skandal auf das Verhalten der US-Autokäufer auswirken werde. Vor Jahren hatte die VW-Tochter Audi kaum noch Autos in den USA verkaufen können, nachdem es Probleme mit dem Bremssystem gegeben hatte. Am Dienstag schwankten die VW-Aktien stark – in der Spitze fielen sie um fünf Prozent auf ein Vier-Jahres-Tief von 94,36 Euro. Am Ende des Tages lag das Minus noch bei gut vier Prozent. Seit Bekanntwerden der Manipulationen haben die Titel 40 Prozent eingebüßt.

Schaeffler redet mit potenziellen Investoren

Die Turbulenzen um den VW-Abgasskandal bringen auch die Börsenpläne des Auto- und Industriezulieferers Schaeffler durcheinander, dessen Großkunde Volkswagen ist. Ursprünglich sollte die Aktie am kommenden Montag erstmals gelistet werden. Ob es zu einer Verschiebung des Termins komme, hänge vom Ausgang der derzeit geführten Investorengespräche ab, berichteten gut informierte Kreise am Dienstag. „Das Problem ist, dass sich potenzielle Investoren anderen Themen zugewandt haben“, sagte ein Insider der Nachrichtenagentur Reuters. Die Affäre hatte nicht nur die Werte von Autobauern, sondern auch die Aktienkurse einiger Autozulieferer einbrechen lassen. „Die VW-Geschichte belastet den Börsengang von Schaeffler“, hieß es. Wegen der noch laufenden Gespräche mit Investoren werde sich voraussichtlich die Veröffentlichung der Preisspanne um einige Tage verzögern. Sollte das der Fall sein, könnte dies auch Auswirkungen auf den Zeitpunkt des Börsengangs haben. Ein neuer Termin stehe aber noch nicht fest.

Die Manipulation von Diesel-Abgastests in den USA kostet Volkswagen die Mitgliedschaft in mehreren Auswahlindizes für ökologisch, sozial-gesellschaftlich und in der Unternehmensführung vorbildliche Firmen. Der Wolfsburger Autobauer müsse wegen „Dieselgate“ sämtliche Dow Jones Sustainability Indizes verlassen, teilte der Index-Anbieter S&P Dow Jones Indices am Dienstag mit. Fonds, die hierauf basieren, müssen VW-Papiere nun verkaufen.

VW muss mit einer Vielzahl von Klagen rechnen

Auf Volkswagen rollen wegen des Abgas-Skandals nicht nur hohe Strafzahlungen zu. Hinzu kommen Schadensersatzklagen von Anlegern und Autobesitzern in Milliardenhöhe in den USA. Auch in Deutschland sammeln Anwälte Munition, um den weltgrößten Autobauer wegen des Kursverlusts der Aktien und Wertminderungen von Autos zu verklagen. „Da türmt sich ein Berg an finanziellen Lasten auf, den zurzeit niemand genau abschätzen kann“, sagt Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach. Die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) schätzt den Gesamtschaden auf bis zu 47 Milliarden Euro. Dabei gehen die Analysten allein in den USA von 16 Milliarden Euro für Strafzahlungen und weiteren zehn Milliarden Euro an Kosten für den Rückkauf beanstandeter Fahrzeuge aus.