Für Innovation und Fortschritt braucht die Automobilbranche mehr kluge Köpfe als fleißige Hände. Letztere sind in Osteuropa und in Asien preiswerter zu bekommen, selbst wenn dafür aufwendige Produktionsstätten errichtet werden müssen. So will der VW-Konzern 2011 zwar 24 000 neue Stellen schaffen, aber jede zweite in China. „Im Rahmen unserer langfristigen Wachstumsstrategie bauen wir neue Kapazitäten in außereuropäischen Regionen auf”, bestätigt Michael Macht, Produktionsvorstand der Volkswagen AG. Dies bedeute jedoch nicht, dass Produktionskapazitäten aus Europa abgezogen werden. „Im Gegenteil”, tritt der Manager Besorgnissen entgegen, „neue Fabriken und zusätzliche Modelle erhöhen unser benötigtes Fahrzeug- und Komponentenvolumen und sichern damit Arbeitsplätze im Inland.”

Der Knowhow-Export nach Fernost ruft freilich auch neue Konkurrenten auf den Plan. „In China wachsen sehr kapitalstarke Hersteller und Zulieferer heran, die auf dem Sprung nach Europa sind”, warnt Klaus Steinmann, Personalberater bei Mercuri Urval in Hamburg. Sein Rat an junge Ingenieure: „Neben dem Studium die Englischkenntnisse polieren und Chinesisch lernen, danach eine Zeit lang nach China gehen und dort arbeiten.” Das Gleiche gelte für Betriebswirte, die im Einkauf - neudeutsch: Sourcing - arbeiten wollen. „Viele europäische Unternehmen wollen künftig stärker global einkaufen”, sagt Steinmann. „Das internationale Sourcing nimmt schnell zu. Wir suchen deshalb schon jetzt international.” In den von Autobauern und Zulieferern im Ausland errichteten Entwicklungszentren wüchsen ebenfalls hervorragende Leute heran. „Jedes zweite Kandidatengespräch, das ich in den letzten Wochen mit einem Ingenieur geführt habe, war auf Englisch”, verrät Steinmann, „die Bewerber kamen nicht aus Deutschland.”

Mancher Autobauer mit deutscher Tradition sieht im Heimatstandort nicht mehr das Herzstück, sondern das Zentralhirn, die Schalt- und Steuerungszentrale der Produktion, die kostengünstiger möglicherweise anderswo erfolgt. „Unsere Strategie ist die Integration der Fertigung in Deutschland in einen europäischen Fertigungsverbund”, formuliert Opel-Produktionsvorstand Reinald Hoben. „Diesen Fertigungsverbund bauen wir weiter aus, um unsere Wettbewerbsfähigkeit dauerhaft zu sichern.”

Für Dirk Heller, Fertigungsdirektor bei den Ford-Werken in Köln, bleibt Deutschland aber auch als Produktionsstätte attraktiv: „Dieser Standort hat sich immer halten können, weil die Mitarbeiter flexibel und kreativ sind”, lobt er. „Vier von fünf technischen Innovationen kommen immer noch aus Deutschland. Da sind wir sehr gut gewappnet.”