Natürlich, mitunter ist es die Einsamkeit, die gerade am Heiligen Abend besonders schmerzt, und ein deutliches Zeichen der Einsamkeit sind dabei die kleinen Weihnachtsbäume, die aus einer praktischen Vernunft heraus auf dem Tisch landen, mit einer Anmutung zwischen Kaktus und bemaltem Pinguin. Ein Weihnachtsbaum nämlich sollte groß sein, sollte am besten bis zur Decke reichen, und dort, wo Kinder sind, wird auch kaum darauf verzichtet, sich einen „Riesen“, zumindest einen großgewachsenen Baum ins Zimmer zu stellen. Der kleine Baum ist oft eine Reminiszenz, ein Schatten aus der Vergangenheit, eine Verlegenheitslösung derer, die allein feiern oder ohne ihre Kinder, weil die nicht mehr Kinder sind und weit weg.

 

Es ist dabei ein schwacher Trost, dass kleine Bäume weniger Nadeln verlieren. Praktische Erwägungen erscheinen geradezu als Widerspruch zum Wesen des Weihnachtsbaums, dieser gezähmten und domestizierten Pflanze, die eigentlich ein Toter ist, von uns aber so prall und grell und glitzerreich beladen wird, als wollten wir ein Prinzip der Natur, nämlich alles auszuprobieren wie in einem Korallenriff, in dieses gefällte Gewächs zwingen. Indem wir einen Toten dekorieren, feiern wir die Vielfalt des Lebens.