Die Dependance der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Backnang wird nicht realisiert. Der Grund: es fehlen einfach die Studenten.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Backnang - Der "weiße Fleck auf der Karte der Hochschullandschaften", wie der Rems-Murr-Landrat Johannes Fuchs die Situation bezeichnet, wird auch in Zukunft nicht gefüllt. Gestern haben die Verantwortlichen das Ende der Bemühungen um die Einrichtung eines Vorlesungsstandortes der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) in Backnang bekanntgegeben. Wegen der geringen Nachfrage von Unternehmen und insbesondere wegen des mangelnden Interesses potenzieller Studenten sehe man keine Möglichkeit mehr, die geplante Einrichtung zu etablieren, hieß es.

 

Zuvor hatten sich die Initiatoren um den Allmersbacher Unternehmer Harro Höfliger mehrere Jahre lang redlich um eine Dependance der Hochschule in Backnang bemüht. Zwar hatte die Landesregierung im Dezember 2007 in Aussicht gestellt, das fünfte und sechste Semester eines neu zu entwickelnden Vertiefungsstudiengangs in den Bereichen Steuerungs- und Verpackungstechnik in der Stadt unterrichten zu lassen, doch die Zusage war nicht nur an eine erhebliche finanzielle Eigenleistung des Rems-Murr-Kreises, der Stadt Backnang und der regionalen Wirtschaft geknüpft, sondern auch an die Bedingung, den Betrieb mit jeweils mindestens 22 Studenten zu beginnen.

Studiengänge werden jetzt in Stuttgart angeboten

An dieser Vorgabe ist die Campusinitiative letztlich gescheitert. Weder eine Anzeigenkampagne im Osten des Landes noch ein zuletzt engagierter "Kümmerer" schafften es, den potenziellen Ingenieurnachwuchs anzulocken. "Wir haben mit vereinten Kräften bis zuletzt alles versucht. Allerdings müssen wir jetzt erkennen, dass die Studiengänge nicht zugkräftig genug waren", konstatierte der Backnanger Oberbürgermeister Frank Nopper am Donnerstag. Auch Harro Höfliger, der geistige Vater der Campusidee, zeigte sich enttäuscht: "Die Schlacht ist verloren."

Der Rems-Murr-Landrat Johannes Fuchs wollte die Niederlage dagegen nicht so drastisch kommentieren. Denn schließlich habe die beispiellose Kooperation der Stadt, des Landkreises, der Unternehmen und der Industrieverbände doch Beachtliches erreicht: Die maßgeblich von den Mitgliedsunternehmen im Förderverein entworfenen beiden Studiengänge würden jetzt zumindest in der Landeshauptstadt angeboten. Auch Hans-Martin Gayer, der Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Rems-Murr, verbuchte das als Teilerfolg: "Die wichtige Botschaft für die meisten Unternehmen ist die Tatsache, dass der Studiengang läuft und sie ihre benötigten Fachkräfte in der Region ausbilden lassen können."

Neue Schulen auf dem Postareal

Frank Nopper hingegen betonte, dass die Ziele nicht erreicht worden seien: Weder sei Backnang als Hochschulstandort etabliert worden noch sei die heimische Wirtschaft besser gegenüber den Großbetrieben aufgestellt. Den Großteil der Schuld am Nichtzustandekommen des Campus Backnang schreibt Nopper der Dualen Hochschule Stuttgart zu. Die habe nämlich gar kein Interesse an einer Dezentralisierung des Studiengangs gehabt. "Wenn jemand von der DHBW den Standort vorbereitet hätte, hätte es funktioniert", kritisierte Nopper.

Ganz mit leeren Händen steht die Stadt auf dem ehemaligen Postareal an der Bahnhofstraße indes nicht da. Das Bildungshaus werde realisiert, so Nopper. Gestern Abend stellte das Kolping-Bildungswerk im Gemeinderat seine Pläne vor, dort möglichst schon zum Schuljahr 2012/2013 ein Abendgymnasium, eine Abendrealschule, ein technisches Berufskolleg sowie verschiedene Ausbildungsgänge einzurichten.

Kommentar: Kein Interesse an Außenstelle

Die Initiatoren um den Allmersbacher Unternehmer Harro Höfliger haben viel Herzblut vergossen, um den Campus Backnang zu etablieren, und sie haben sicherlich alles Mögliche versucht. Als unüberwindlich hat sich letztlich jene Hürde erwiesen, die ihnen schon zu Beginn in den Weg gestellt worden ist. Gemeint ist nicht die Mitgift von fünf Millionen Euro, die ja mühevoll zusammengetragen wurde. Als ein Ding der Unmöglichkeit hat sich die Prämisse herausgestellt, genügend Studenten anzulocken, ohne ihnen einen konkreten Starttermin nennen zu können - zumal dem Ingenieurnachwuchs auch noch offenbart werden musste, dass die Vorlesungen an zwei unterschiedlichen Standorten gehalten würden.

Es drängt sich tatsächlich der Eindruck des Backnanger Oberbürgermeisters auf, die Duale Hochschule selbst habe kein Interesse daran gehabt, dass das Vorhaben gelingt. Am Ende ist die Stuttgarter Einrichtung der große Gewinner: Ihr wurden zwei neue Studiengänge entworfen, ohne dass sie dafür das Geringste investieren musste.