Nein, es gebe ja gar keine Zugausfälle, sagt einer von ihnen, ein junger Mann, allen Ernstes: „Die Züge fahren ja. Das Problem ist nur, die halten hier nicht.“ Bei den Reisenden und den Ladenpächtern im Mainzer Bahnhof aber herrscht Unverständnis: „Wir haben jede Menge Umsatzeinbußen“, heißt es im Starbuck’s Café, mehr dürfe man nicht sagen – man hat die Läden von der Bahn gepachtet. Von möglicher Mietminderung ist bei manchen Filialisten die Rede, aber das müsse die Zentrale entscheiden. Das gehe schon drei Wochen so, sagt die Blumenhändlerin Petra Poltz: „Meine Kunden sind stinksauer, die hasten nur noch vorbei, um sich über Anschlüsse zu informieren.“ Und ihre Angestellte müsse abends überpünktlich weg, um den Zug nach Hause zu kriegen.

 

Eine aufgebrachte Reisende steht neben dem Eisstand auf der Gleisüberbauung, einer modernen Ladenzeile. Das sei doch unglaublich, „dass ein Verkehrsknotenpunkt wie Mainz nicht funktioniert“, sagt Jasmin Gauer. Die 40-Jährige pendelt jeden Tag in Richtung Mannheim, sie zahlt für ihre Jahreskarte 1500 Euro. „Die Engpässe hätte man doch vorhersehen können.“ Sie wisse nicht, wie sie ihrem Arbeitgeber ihr ständiges Zuspätkommen erklären solle. „Wenn bei einem Flugzeug das Triebwerk einen Schaden hat, dann verstehe ich, dass man den Flug absagt. Aber doch nicht wegen Urlaub bei der Bahn.“ Andere Reisende sind nachdenklicher. Ihr sei vor allem die Sicherheit wichtiger, sagt Christa Cordes, Anfang 50, die ihren Sohn zum Bahnhof begleitet: Es könnte ja durchaus sein, dass das Stellwerkspersonal überlastet sei und sich deshalb die Krankheitsfälle häuften. „Aber ich verstehe nicht, dass die kein Wechselpersonal haben.“

Von den 3400 Stellwerken sind nur 415 computergesteuert

Am 1. August, so hat die Mainzer „Allgemeine Zeitung“ berichtet, soll es nach einer Störung im Mainzer Stellwerk einen Beinahe-Unfall zweier S-Bahnen gegeben haben. Hat die Bahn also die Notbremse gezogen? Von den 3400 Stellwerken in Deutschland sind nur 415 computergesteuert, der große Rest wird von 12 500 Fahrdienstleiter bundesweit mechanisch betrieben. Diese Aufgabe ist ähnlich eines Fluglotsen – aber mit Bruttoanfangsgehältern von 2000 Euro deutlich schlechter bezahlt. Es bedürfe viel Erfahrung und genauer Kenntnisse über das regionale Streckennetz, sagen Bahninsider. Man könne deshalb nicht kurzerhand Fahrdienstleiter von Stuttgart oder Hamburg nach Mainz abordnen. Es gebe keine schnelle Lösung.

All die Erklärungen beruhigen das offizielle Mainz wenig – das bebt vor Zorn. „Die Einschränkungen sind eine Katastrophe, das ist blamabel“, sagt Christoph Gehring, Pressesprecher des von der SPD geführten Verkehrsministeriums in Mainz. Noch sei man in den Ferien, aber wenn nächste Woche die Schule beginne, dann nehmen die Pendlerströme wieder zu. Bis zu 80 000 Reisende täglich – ein Drittel des Aufkommens in Stuttgart – zählt der vor zehn Jahren für 58 Millionen Euro renovierte Mainzer Bahnhof – zeitweise der modernste Deutschlands.

Mainz ist das Synonym für Chaos bei der Bahn

Die Anzeigetafel in Mainz schmückt der Dauerhinweis in großen Lettern: „Zugverkehr ganztägig stark eingeschränkt“. Die Tafel zeigt zehn Zugverbindungen an, schon zu Mittag steht bei vier davon der Zusatz: „Der Zug fällt heute aus. This train is not running today.“ Bei weiteren vier wird auf Verspätungen oder das Nichthalten in bestimmten Vororten verwiesen. Aber dafür, dass Mainz dieser Tage das Synonym für Chaos bei der Bahn ist, läuft das Alltagsgeschäft erstaunlich gelassen, die Stimmung ist friedlich wie in einer Provinzstation. Die Bahnpolizei ist stark präsent, man hat einige Sicherheitskräfte in gelbe Westen mit der Aufschrift „Information“ gesteckt. Sie haben vom häufigen Blättern abgegriffene Loseblattsammlungen mit alternativen Zugverbindungen dabei.

Die Geschäfte klagen über Umsatzeinbußen

Nein, es gebe ja gar keine Zugausfälle, sagt einer von ihnen, ein junger Mann, allen Ernstes: „Die Züge fahren ja. Das Problem ist nur, die halten hier nicht.“ Bei den Reisenden und den Ladenpächtern im Mainzer Bahnhof aber herrscht Unverständnis: „Wir haben jede Menge Umsatzeinbußen“, heißt es im Starbuck’s Café, mehr dürfe man nicht sagen – man hat die Läden von der Bahn gepachtet. Von möglicher Mietminderung ist bei manchen Filialisten die Rede, aber das müsse die Zentrale entscheiden. Das gehe schon drei Wochen so, sagt die Blumenhändlerin Petra Poltz: „Meine Kunden sind stinksauer, die hasten nur noch vorbei, um sich über Anschlüsse zu informieren.“ Und ihre Angestellte müsse abends überpünktlich weg, um den Zug nach Hause zu kriegen.

Eine aufgebrachte Reisende steht neben dem Eisstand auf der Gleisüberbauung, einer modernen Ladenzeile. Das sei doch unglaublich, „dass ein Verkehrsknotenpunkt wie Mainz nicht funktioniert“, sagt Jasmin Gauer. Die 40-Jährige pendelt jeden Tag in Richtung Mannheim, sie zahlt für ihre Jahreskarte 1500 Euro. „Die Engpässe hätte man doch vorhersehen können.“ Sie wisse nicht, wie sie ihrem Arbeitgeber ihr ständiges Zuspätkommen erklären solle. „Wenn bei einem Flugzeug das Triebwerk einen Schaden hat, dann verstehe ich, dass man den Flug absagt. Aber doch nicht wegen Urlaub bei der Bahn.“ Andere Reisende sind nachdenklicher. Ihr sei vor allem die Sicherheit wichtiger, sagt Christa Cordes, Anfang 50, die ihren Sohn zum Bahnhof begleitet: Es könnte ja durchaus sein, dass das Stellwerkspersonal überlastet sei und sich deshalb die Krankheitsfälle häuften. „Aber ich verstehe nicht, dass die kein Wechselpersonal haben.“

Von den 3400 Stellwerken sind nur 415 computergesteuert

Am 1. August, so hat die Mainzer „Allgemeine Zeitung“ berichtet, soll es nach einer Störung im Mainzer Stellwerk einen Beinahe-Unfall zweier S-Bahnen gegeben haben. Hat die Bahn also die Notbremse gezogen? Von den 3400 Stellwerken in Deutschland sind nur 415 computergesteuert, der große Rest wird von 12 500 Fahrdienstleiter bundesweit mechanisch betrieben. Diese Aufgabe ist ähnlich eines Fluglotsen – aber mit Bruttoanfangsgehältern von 2000 Euro deutlich schlechter bezahlt. Es bedürfe viel Erfahrung und genauer Kenntnisse über das regionale Streckennetz, sagen Bahninsider. Man könne deshalb nicht kurzerhand Fahrdienstleiter von Stuttgart oder Hamburg nach Mainz abordnen. Es gebe keine schnelle Lösung.

All die Erklärungen beruhigen das offizielle Mainz wenig – das bebt vor Zorn. „Die Einschränkungen sind eine Katastrophe, das ist blamabel“, sagt Christoph Gehring, Pressesprecher des von der SPD geführten Verkehrsministeriums in Mainz. Noch sei man in den Ferien, aber wenn nächste Woche die Schule beginne, dann nehmen die Pendlerströme wieder zu. Bis zu 80 000 Reisende täglich – ein Drittel des Aufkommens in Stuttgart – zählt der vor zehn Jahren für 58 Millionen Euro renovierte Mainzer Bahnhof – zeitweise der modernste Deutschlands.

Das Land sieht sich in der Opferrolle

Die Landesregierung in Mainz sieht sich nicht in der Verantwortung, eher „in einer Opferrolle“, sagt Gehring,. Noch bevor die Bahn zu Gesprächsrunden bittet, hat das Land für den heutigen Dienstag alle Beteiligten zu einer Krisensitzung geladen: „Wir könnten Katalysator sein zwischen Bahn und Eisenbahnverkehrsgewerkschaft – damit die wieder miteinander sprechen.“ Mit am Tisch sitzen wird auch ein Vertreter der Stadt Mainz. Dessen Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) hatte zuvor in einem Interview seinem Zorn Luft gemacht und der Bahn ein „Management wie in der Steinzeit“ vorgeworfen: „Wir können doch auch nicht die Feuerwehr zumachen, wenn fünf Leute krank sind.“ Die Region um Mainz sei eine der wirtschaftlich „dynamischsten Europas“, „aber die Bahn stellt uns verkehrstechnisch auf die Stufe eines Entwicklungslandes“.

Wie geht es zurück nach Stuttgart? Der Abendtermin in Mainz verschiebt sich auf 21 Uhr, geht danach noch was? „Könnten Sie nicht früher fahren, um 20.39 Uhr, da hätte ich was“, sagt der Schalterbeamte in Mainz zuvorkommend: „Aber ab 21 Uhr geht nichts mehr.“ Und was tun in dem Fall? Der Reisende könnte ein Taxi nehmen zum Bahnhof Frankfurt-Flughafen, rät der Bahnbeamte, Kostenpunkt um die 50 Euro: „Aber das müssen Sie selbst bezahlen.“