In der Region Stuttgart regeln die Bankkunden immer mehr am Rechner. Das macht sich bemerkbar. Die Banken streichen Stellen und sparen bei den Filialen.

Stuttgart - Die Stadt Lichtenberg hat eine Burg, einen Naturpark und eine 650-jährige Geschichte. Was der tausend Einwohner zählende Ort in Oberfranken nicht mehr hat, sind eine Bank und ein Geldautomat. Wer Bares braucht, wendet sich vertrauensvoll an den örtlichen Versicherungsmakler oder an den Bäcker – sie dürfen im Auftrag der zuständigen Sparkasse bis zu 200 Euro pro Tag und Mann ausbezahlen. In Baden-Württemberg gibt es solche Bankagenturen noch nicht. Zwar sind immer weniger selbstständige Genossenschaftsbanken am Markt, weil sich immer öfter kleinere größeren Banken anschließen. Allein die Volksbank Stuttgart, der Bilanzsumme nach unter den Genossenschaftsbanken die Nummer zwei in der Region und die Nummer 16 bundesweit, hat 38 Fusionen hinter sich: Zuletzt schloss sich in diesem Jahr die Korber Bank (Rems-Murr-Kreis) den Stuttgartern an. Im Kreis Böblingen stricken zurzeit die Volksbank Sindelfingen-Magstadt und die Volksbank Darmsheim an einer Fusion.

 

Immer mehr Banken ohne Berater

Aber das Filialnetz der Volks- und Raiffeisenbanken ist laut dem baden-württembergischen Genossenschaftsverband (BWGV) in den vergangenen zehn Jahren in der Region Stuttgart nur leicht ausgedünnt worden. Ende des vergangenen Jahres betrieben die 47 selbstständigen Genossenschaftsbanken demnach 573 Niederlassungen. 2004 waren es 48 Banken und 590 Filialen (minus 2,8 Prozent). Teilweise sind jedoch mit Mitarbeitern besetzte Niederlassungen durch sogenannte SB-Filialen ersetzt worden. So hat die Göppinger Volksbank, im regionalen Bankenranking der Genossen immerhin auf Platz fünf, seit 2004 sechs Dependancen zu SB-Filialen umgewandelt. Zwölf der insgesamt 46 Niederlassungen in 38 Gemeinden haben keinen Bankberater mehr.

Es gibt aber auch Ausnahmen. Die Volksbank Ludwigsburg etwa hat zwei zusätzliche Dependancen eröffnet. Die Sparda-Bank Baden-Württemberg als größte Genossenschaftsbank im Land und zweitgrößte bundesweit hat zwar ihr Filialnetz zwischen 2004 und 2014 von 68 auf 88 ausgebaut. Gleichzeitig hat die Sparda aber die Zahl der SB-Filialen von 24 auf 49 mehr als verdoppelt und den Anteil der mit Beratern besetzten Ableger um fünf auf 39 (minus 11,3 Prozent) gesenkt.

Bei den fünf Kreissparkassen in der Region Stuttgart gibt es ebenfalls einen Schwund. So unterhielten die Institute in Böblingen, Esslingen, Göppingen, Ludwigsburg und Waiblingen Ende des vergangenen Jahres noch insgesamt 445 Niederlassungen, 6,5 Prozent weniger als zehn Jahre zuvor (476). Das ergab eine Umfrage der Stuttgarter Zeitung. Andernorts ist die Lage noch viel instabiler: Die Tübinger Sparkasse hat kürzlich angekündigt, in den kommenden Jahren 14 ihrer 50 Filialen zu schließen. Dies sei angesichts der anhaltenden Niedrigzinsphase und der Ausdehnung des Onlinebankings nötig, teilte das Institut mit.

Teilzeitjobs sind auf dem Vormarsch

Mittlerweile wird in den fünf Kreissparkassen der Region etwa die Hälfte der Girokonten frei geschaltet für das Onlinebanking. Gegenüber 2004 betreiben damit etwa doppelt so viele Kunden ihre Bankgeschäfte vom heimischen Rechner aus. Landesweit nutzten 42 Prozent der Privatkunden Online-Banking, teilt der Sparkassenverband Baden-Württemberg mit. 2004 waren es nur 18 Prozent. Bei den Geschäftskunden liege der Anteil sogar bei 70 Prozent. Bei den Genossenschaftsbanken sieht es ähnlich aus. Die Zahl der Onlinekonten habe sich im süddeutschen Raum insgesamt verdoppelt, die Zahl der Onlinekunden sei um zwei Drittel gestiegen, erklärt die Sprecherin der Fiducia & GAD IT, des IT-Dienstleisters der Volks- und Raiffeisenbanken. Mittlerweile würden drei Mal so viele Transaktionen online erledigt als noch vor zehn Jahren.

Das macht sich in der Region auch bei den Arbeitsplätzen im Bankgewerbe bemerkbar. Die Zahl der Sparkassen-Mitarbeiter etwa ist seit 2004 von 7234 um 1,5 Prozent auf 7127 gesunken. Der relativ kleine Rückgang übertüncht, dass eine teils starke Verschiebung zu mehr Teilzeitarbeit statt gefunden hat. Die Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen beispielsweise hatte im vergangenen Jahr mehr als 20 Prozent weniger Vollzeitstellen (1058) als 2004 (1711). Dafür gab es 497 Teilzeit-Mitarbeiter, das bedeutet ein Plus von 31,5 Prozent gegenüber 2004 (378).

Volksbanken fusionieren nach Kräften

Auch die Volks- und Raiffeisenbanken in der Region beschäftigen weniger Mitarbeiter. Nach Auskunft des BWGV gab es 2004 in Stuttgart und den fünf Kreisen 5697 Beschäftigte. Im vorigen Jahr waren es noch 4958, das ist ein Rückgang um knapp 13 Prozent. Allerdings geht der Schwund dabei zu einem guten Teil (genauer: 313 Beschäftigte) auf das Konto der Stuttgarter Genossenschaftsbanken, die in dieser Zeit sieben Dependancen aufgaben.

Teilzeit ist indes auch bei den Genossen en vogue. In Göppingen etwa hatte die Volksbank Ende des vergangen Jahres 357 Beschäftigte auf 296 Vollzeitstellen. Zehn Jahre zuvor waren es noch 399 Mitarbeiter auf 352 Stellen. Die Beschäftigtenzahl ist in Göppingen also um 10,5 Prozent, die Stellenzahl aber um 15,9 Prozent geschrumpft.

Insgesamt spiegelt die Region den Landestrend wider. 2004 unterhielten nach Angaben des Sparkassenverbandes Baden-Württemberg 57 selbstständige Sparkassen 2479 Filialen. Zehn Jahre später waren es gut vier Prozent weniger (2373). Bei den Volks- und Raiffeisenbanken wird auch landesweit kräftig fusioniert, das Filialnetz dagegen aber bisher kaum angetastet. Laut dem BWGV gab es 2004 in den 1101 Gemeinden in Baden-Württemberg noch 262 selbstständige Volks- oder Raiffeisenbanken, die 3402 Zweigstellen unterhielten. Ende des vergangnen Jahres waren es noch 213 Banken (minus 18,7 Prozent), nur sechs Filialen wurden seit 2004 dicht gemacht.

Mittlerweile schaffen die Sparkassen und die Volksbanken auch schon zusammen. Im Kreis Ludwigsburg etwa teilen sich die Geldhäuser in Asperg, Häfnerhaslach, Aurich und Roßwag die Mieten für Gemeinschaftsfilialen.