Ein Ingenieurbür nimmt Häuser an der Anna-Peters-Straße in Augenschein. Solche Bestandsaufnahmen sind durchaus üblich, wenn eine Baustelle nahe an ein Privatgrundstück heranreicht.

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Sonnenberg - Seit Monaten sind in Sonnenberg die Bauarbeiter zugange. Die Netze BW erneuert Gas- und Wasserleitungen. Das Tiefbauamt baut neue Kanäle. Betroffen sind unter anderem die Anna-Peters-Straße und die Vollandstraße.

 

Vor Kurzem hatten einige Anwohner ein Schreiben des Unternehmens „Philipps Ingenieure“ aus Murr im Briefkasten. „Unser Büro ist im Zuge des Bauvorhabens von der Landeshauptstadt Stuttgart über das Tiefbauamt beauftragt worden, eine Zustandsfeststellung der an die Baumaßnahme angrenzenden Gebäude durchzuführen“, ist darin zu lesen. Das bedeutet, dass Mitarbeiter des Unternehmens in die Häuser kommen, um „Aufnahmen von den straßenseitigen Innenräumen und Außenbereichen“ der Gebäude zu machen. Der Eigentümer möchte doch bitte diese Teile seines Gebäudes zugänglich machen und gegebenenfalls seine Mieter informieren.

Es geht um eine Art Beweissicherung

Manch ein Bürger traut dem Frieden nicht. Schließlich sind immer wieder mal sogenannte Drückerkolonnen unterwegs, die beispielsweise vorgeben den maroden Hof oder die in die Jahre gekommene Auffahrt zu einem günstigen Preis sanieren zu wollen. Es ist also nicht verwunderlich, dass der ein oder andere Anwohner sich beim Tiefbauamt oder auch unserer Zeitung gemeldet hat, um sicherzustellen, dass alles mit rechten Dingen zugeht.

Herbert Hiller von der Bauabteilung Filder beim Tiefbauamt kann die Gemüter beruhigen. Das Unternehmen sei in dem angesprochenen Bereich sehr renommiert. Die Stadt habe es schon häufiger beauftragt. Denn Bestandsaufnahmen von Gebäuden wie jetzt in Sonnenberg sind durchaus üblich. „Das machen wir immer dann, wenn wir irgendwo graben und unsere Baustelle sehr nah an private Grundstücke heranreicht“, sagt Hiller.

Es geht um eine Art Beweissicherung. Denn wo gegraben wird, kommt es meist zu Erschütterungen. Wenn Eigentümer dann kurze Zeit später Schäden an ihren Gebäuden feststellen, liegt für manch einen der Verdacht nahe, dass die Bauarbeiten dafür der Grund sind. Meistens seien diese Schäden aber schon vorher dagewesen oder aber auf andere Ursachen zurückzuführen, sagt Hiller.

„Von der Baumaßnahme geht keine besondere Gefahr aus“

So steht es auch in dem Schreiben, das vor Kurzem in den Briefkästen der Anwohner lag: „Bei einer Zustandsfeststellung werden die Bauteile in Bezug auf Risse, Schrägstellungen, Feuchteerscheinungen, Abplatzungen und sonstige bauliche Auffälligkeiten hin erfasst“, heißt es dort in einem etwas kompliziertem Deutsch. Und weiter ist in dem Papier zu lesen: „Diese Aufnahmen der Umgebungsbauten im Zuge der Baumaßnahme dienen dazu, im Falle von Veränderungen im Laufe der Bauausführungen eindeutige Möglichkeiten der Abgrenzung für sämtliche Beteiligte im Zuge des Baustellenablaufs zu schaffen.“

Im Klartext heißt das: Die Stadt möchte sicherstellen, dass sie nicht für Altschäden an irgendwelchen Gebäuden zur Verantwortung gezogen wird. Die Gutachten seien eine vorsorgliche Maßnahme, sagt Herbert Hiller. Der Mitarbeiter des Tiefbauamts betont: „Von der Baumaßnahme geht keine besondere Gefahr aus.“

Dass die Anwohner in Hab-Acht-Stellung sind und Sorge haben, Opfer einer Drückerkolonne zu werden, kann Herbert Hiller verstehen. Schließlich habe auch schon das Tiefbauamt Bekanntschaft mit einer solchen gemacht, sagt er und erzählt eine kleine Anekdote am Rande: Einst hätten ein paar Männer die Dreistigkeit gehabt und auf dem Hof der Betriebsstelle Möhringen an der Sigmaringer Straße gestanden. Sie boten an, den Belag zu sanieren. Die Mitarbeiter des Tiefbauamts lehnten freilich dankend ab.