Im Dezember 1944 haben viele Menschen überlebt, weil sie in Hochbunker flüchten konnten. Nach vielen Jahren wird das sanierte Baudenkmal nun wieder für Besucher geöffnet.

Heilbronn - Massiv, wuchtig, unnahbar – der Theresienturm auf der Heilbronner Theresienwiese übt eine eigenartige Faszination aus. Aber er wird nur selten für Besucher geöffnet. Am 2. und 3. April geschieht dies wieder, zuletzt war das im Jahr 2000 der Fall. Damals war der Ansturm riesig. Zu den 1700 Besuchern zählten viele Überlebende, denen dieser Turm in den Kriegsjahren Schutz geboten hatte. Ob sie noch in der Lage sind, das sechs Meter hohe Treppengerüst zu erklimmen, um den Turm zu erreichen?

 

Der Turm, obwohl erst 76 Jahre alt, steht für ein Stück Heilbronner Geschichte – und ist zugleich eines der selten Bauwerke aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs. Er wurde 1940 vom „Luftgaukommando VII“ in München im Auftrag des Reichsluftfahrtministeriums als Hochbunker gebaut und „General-Wever-Turm“ benannt. Zunächst nur für militärische Zwecke bestimmt, wurde der Turm bald Schutz- und Überlebensgarant für rund tausend Menschen, die hier oben den zerstörerischen Angriff auf die Stadt am 4. Dezember 1944 überstanden.

Schutz auf sechs Etagen

Allein die Erzählungen derer, die im Theresienturm die Luftangriffe überlebten, würden Bände füllen. Der Hochbunker ist 28 Meter hoch. Über mehreren Ebenen mit Waffendepots und einem Lager befindet sich im Innern eine Art zweiter Turm, in dem auf sechs Geschossen Schutzräume untergebracht sind. Erreichbar sind sie über eine umlaufende Spindel.

Die von Stahltüren geschützten kreisrunden Schutzräume auf sechs Etagen sehen alle gleich aus: eine Reihe von Waschbecken sind vorhanden, an Wänden und Decke befinden sich Haken zum Aufhängen von 27 Pritschenbetten. Der rostige, aber noch funktionierende Auslass der Belüftung, auch die elektrischen Leitungen, sowie manche Schalter und Werkstattlampen sind noch erhalten. Neu ist die Beleuchtung. Im Umgang sind besonders schmal geschnittene Toiletten installiert, gekennzeichnet als „Abort“.

In diesen Räumen gehen Zeitgefühl und Orientierung leicht verloren. Letztlich zeigt nur die Etagennummerierung der Türen, wo man sich gerade befindet. Peter Wanner vom Stadtarchiv Heilbronn sagt, hier „verdichtet sich Geschichte“. Es ist kaum möglich, sich der Atmosphäre zu entziehen. Das gilt auch für einen Platz auf der Plattform der abgeflachten Turmspitze. Dort bietet sich dem Besucher ein einmaliger Rundblick über Heilbronn. Waren hier Flak-Geschütze positioniert, haben um den Turm herum 15- und 16-Jährige im „Endkampf“ für den „Endsieg“ gekämpft?

Der Turm bot nicht allen Schutzsuchenden Platz

Christhard Schrenk, der Leiter des Stadtarchivs, berichtet von einer widersprüchlichen Quellenlage. Die Erinnerung der Zeitzeugen habe dazu manche Fakten verklärt. Realität sind die Erzählungen darüber, wie am 4. Dezember 1944 viele Verzweifelte versuchten, über die Rampe in den Turm zu gelangen. Ihnen wurde von den Insassen nicht geöffnet. Der für maximal 300 Menschen ausgelegte Turm war bereits restlos überfüllt. Viele Heilbronner wurden Opfer dieses Angriffs, obwohl sie dem Schutzraum bereits so nahe waren.

Im Inneren bekamen die Geretteten vom Inferno dieser Nacht kaum etwas mit. Nur einmal gab es eine Erschütterung, als eine Bombe das Dach streifte. Ein Zeitzeuge berichtet: „Es war eine unheimliche Stille, keiner sprach, keiner betete.“ Die etwa 1,40 Meter dicken Betonwände hielten allen Druckwellen stand.

Walther Wever war nicht „irgendein Ami-General“

Diese Abschottung von der Außenwelt lässt bis heute keinen Lichtstrahl und keinen Ton eindringen. Der Turm in der „Bauweise Dietel“ ist eine architektonische Besonderheit. Die Verkleidung mit heimischem Sandstein und die Renovierung vor zwei Jahren haben ihn wieder ansehnlich gemacht. Die Kosten von 100 000 Euro trug die Stadt.

Bis lange nach dem Krieg gab es kein Bewusstsein für die Herkunft des Namens „General-Wever-Turm“. Schrenk erzählt, auch er habe zunächst die Heilbronner „Sprachregelung“ übernommen, nach der General Wever „irgendein Ami-General“ gewesen sein sollte. Doch Walther Wever war ein hochrangiger Weltkriegsoffizier, der für Reichsmarschall Göring die Luftwaffe aufbaute und 1936 bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam. Schrenk war der Erste, der in den 90er Jahren begann, die braune Vergangenheit Heilbronns wissenschaftlich zu dokumentieren.

Nachfragen aus der Bevölkerung, wann denn der Name getilgt werde, beantwortete Oberbürgermeister Harry Mergel im August 2014 so: „Wir sind uns der Namensproblematik durchaus bewusst. Bis zu einer neuen Namensfindung benutzen wir ab sofort die Bezeichnung Turm an der Theresienwiese.“ Damals wollte man neben einem neuen Namen auch eine angemessene Nutzung finden.

Der neue Name lautet Theresienturm

Davon ist man inzwischen wieder abgekommen, hat dann aber im Februar 2016 die Namensproblematik aufgelöst. Es bleibt nun bei dem Namen „Theresienturm“, trotz mancher Bedenken aus dem Stadtarchiv. Mit dem neuen Namen wird ein falscher historischer Bezug hergestellt: Der Name des Standortes Theresienwiese erinnert an einen Festakt von 1815, als hier der mit rund 8000 Soldaten aufmarschierten österreichischen Armee in Anwesenheit von 136 Fürsten der Maria-Theresia-Orden verliehen wurde.