Millionen sehen zu, wie Bauern Frauen suchen. Warum nur? In der vierten Folge flossen Tränen und spritzte der Hochdruckreiniger.

Stuttgart - Früher, als das Privatfernsehen noch neu war, gab es einen ungeschriebenen Deal zwischen den öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten und den jungen Wilden: Hier gab es Forsthaus Falkenau und den Landarzt, dort Tutti-Frutti und "Gute Zeiten, schlechte Zeiten". Hätte man damals gefragt, wer auf die verrückte Idee gekommen ist, einen halben Fernsehabend mit Landwirten zu füllen, die eine neue Frau suchen, man hätte unbedingt auf eine neue ZDF-Vorabendserie tippen wollen. Und läge falsch. Denn in Wahrheit würde ja selbst der abgestumpfteste "Traumschiff"-Regisseur Dialoge wie "Und was machen heute?" "Wir gehen zu den Rüben." "Und was machen wir da genau?" "Da sind Unkrautrüben." als überzeichnet ablehnen.

Das ist schlimm, aber egal


Bei RTL funktioniert aber genau das schon in der sechsten Staffel "Bauer sucht Frau" erstaunlich gut. Millionen sehen zu wie der "charmante Schweinebauer" Harald aus Mittelfranken die große Liebe sucht, "der schüchterne Schwabe" Martin nach einer Partnerin Ausschau hält oder "der rüstige Hühnerwirt" Gerhard es noch einmal versuchen will mit der Partnerschaft. Echt jetzt. Was man davon zu halten hat, liefert eine der seltsamsten Fernsehsendungen aller Zeiten gleich selbst mit: "Natürlich ist das schlimm, aber ist doch egal." Genau so ist es.

Gesagt hat das in der vierten Folge "Bauer sucht Frau" der "lustige Ackerbauer" Willy zu seiner Rosi, als die gerade "Rosamunde" auf dem Sofa schmetterte während Willy sich mit dem Akkordeon quälte. Das war nicht schön, aber irgendwie putzig. Nur stellt sich die Frage, ob man erwachsene Leute putzig finden sollte, wenn sie offenkundig ausnahmsweise mal etwas sagen, das ihnen kein RTL-Redakteur in den Mund gelegt hat.

Was der Zuschauer sonst zu sehen bekommt, hat mit authentischem Landleben so viel zu tun wie Analogkäse mit Rohmilchparmesan. Man muss sich schon wundern, dass der Kameramann nicht vor Lachen wackelt, während "die resolute Rheinländerin" Rosi angesichts einer Platte Marmeladenbrötchen, die Willy ihr ans Bett gebracht hat, allen ernstes fragt: "Hast du Frühstück gemacht?" Die Musikregie spielt an dieser Stelle "Milk and toast and honey" von Roxette ein. Zwar gibt es weder Milch noch Toast noch Honig, aber - siehe oben - das ist doch egal.

Musik stumpf wie eine verrostete Sichel


Im Vergleich zum Dschungelcamp von RTL, an dem sich auch die Geister scheiden, ist die Musikauswahl bei Bauer sucht Frau so stumpf wie eine verrostete Sichel. Stina, zum Probewohnen beim "jungen Rinderwirt" Lukas, fährt Trecker: David Hasselhoff singt "I've been looking for freedom". Harald und Janet machen einen Auflug mit dem Fahrrad: Abba müssen ran. Dazwischen pfeift der "Wind of change" durch den Kuhstall und wenn die "tätowierte Fleischfachverkäuferin" Moni aus Schwaben nach Hause muss, kommt "She's like the wind." Spätestens da dürften Hunderttausende Frauen entsetzt reagiert haben, weil das Kopfkino Patrick Swayze in "Dirty Dancing" befiehlt, aber zu sehen ist: "der ehrliche Schäfer" Lämmes.

Penibel wird bei "Bauer sucht Frau" auf eine möglichst große Fallhöhe geachtet. Und das größte Konfliktpotenzial scheint es immer und immer beim Thema Sauberkeit zu geben. Da schrubbt Barbara aus der Oberlausitz das Bad von Hühnerwirt Gerhard wie verrückt ohne dass sich das Bad etwas davon annimmt. Gerhard sieht's ein und spritzt mit dem Hochdruckreiniger (!) die Badewanne sauber. Nicht die einzige Szene, die auch in der Twitter-Gemeinde für Erheiterung » sorgte. Der Spaß hörte für Gerhard aber auf, als er die Läufer für immer vom Parkett nehmen sollte. Es flossen echte Bauerntränen - und die Teppiche lagen bald wieder da, wo sie eben immer lagen.

Hat mal jemand die Kühe gefragt?


Auch Willy hat Rosis Mahnung der vergangenen Woche » ernst genommen und mistet den Stall aus, Moni hilft mit (Musik: "Brown girl in the ring") und scheint erst dann zufrieden zu sein, als der Stall blitzblank ist. Nur die Kühe hat natürlich mal wieder keiner gefragt.

Am Ende noch einmal der "charmante Schweinebauer" Harald und "die quirlige Kubanerin" Janet. Die beiden gehören längst zu den Lieblingen der Zuschauer. Und wenn Janet mit einem "kubanischen Abend" (Rum, Bananenchips, Salsa) droht, reagiert Harald trocken: "Salsa? Ich kann ja nicht mal Walzer". Vielleicht gucken die Leute ja wegen dieser Momente.

Die vierte Folge zum Nachsehen bei RTLnow. »