15.07.2016 - 16:45 Uhr
Personal ist ja nie genug da aus Sicht eines Gewerkschafters. Doch fragt sich: Ist die Polizei strukturell ausreichend aufgestellt?
Ich bin in erster Linie Kriminalist und Realist. Ich sage mal so: Wenn da eine Hundertschaft Polizei gestanden hätte, wäre der Attentäter über die hinweg gefahren. Es ist ein Irrtum anzunehmen, dass eine erhöhte Polizeipräsenz auf der Straße mehr Sicherheit bringt – dies ist eine Scheinsicherheit. Ich war kurz nach den Anschlägen in Brüssel: Das fand ich sehr beklemmend, dass an jeder Ecke ein Polizist oder Soldaten mit Maschinengewehr stand – es hat für mich keine Sicherheit ausgestrahlt.
Was ist dann nötig?
Vielmehr brauchen wir einen engeren Austausch der Geheimdienste und der Polizeien in Europa. Da sind wir noch ganz am Anfang. Ein Beispiel: Die dritte Generation der RAF tobt seit 1995 durch die Bundesrepublik – die ist immer noch nicht gefasst, weil es an Zuständigkeiten mangelt. Das Bundeskriminalamt drückt sich genauso darum herum wie die Länder. Das BKA muss in die Verantwortung genommen werden – und die Länderpolizeien müssen zuarbeiten. Nur dann haben wir eine realistische Chance. Wir brauchen nicht mehr Polizei – wir brauchen eine qualifizierte Polizei und mehr Vernetzung. Wir sind ja noch nicht einmal in der Lage, über die 16 Bundesländer hinweg mit den EDV-Systemen zu kommunizieren. Von solchen Einzeltätern weiß ich dann nichts. Auch haben wir unsere Polizei durch eine Verschärfung des Datenschutzes ein bisschen lahm gemacht. Da muss die Politik mal Flagge zeigen. Zudem darf sie nicht jede Woche eine neue Sau durchs Dorf treiben und die Polizei mal dies, mal das machen lassen.
In Nizza ist der Attentäter mit Waffengewalt gestoppt worden. Ist der deutsche Polizist technisch und psychologisch auf solche Situationen vorbereitet? Er setzt seine Waffe doch praktisch nicht ein.
Das ist auch gut so – es ist ein Zeichen, dass wir sie nicht so oft einsetzen müssen. Die normalen Pistolen, die jeder Schutzpolizist oder Kriminalpolizist trägt, sind nicht geeignet, einen Lkw zu stoppen. Entweder der Fahrer wird mit Glück so tödlich getroffen, dass er nicht weiterfahren kann – oder man braucht man militärische Waffen wie Schnellfeuergewehre. Kriegswaffen haben bei der Polizei aber nichts zu suchen.
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