Von einem Grünen-Abgeordneten wurde Theresia Bauer einst früh über die Turbulenzen in Ludwigsburg informiert. Erst jetzt berichtet die Ministerin dem Landtag über die aufschlussreiche Mail – und wirft damit neue Fragen auf.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart / Ludwigsburg - Die Mail des Grünen-Landtagsabgeordneten Markus Rösler an die Wissenschaftsministerin und ihren Staatssekretär war kurz, aber alarmierend. „Solltet ihr wissen, dass da gerade wohl etwas ziemlich schiefläuft in Ludwigsburg“, schrieb er im Telegrammstil an Theresia Bauer und Jürgen Walter (beide Grüne). Angehängt war „zur Kenntnis“ die aktuelle Resolution, mit der die Fakultätsvorstände der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen in Ludwigsburg gegen die Rektorin Front machten. „Wobei auch hier gilt: audiatur et altera pars“, auch die andere Seite sei zu hören, fügte Rösler in Klammern hinzu.

 

Empfangen hatte Bauer die Mail bereits im März 2014, drei Tage nach der Attacke der Dekane auf die Rektorin Claudia Stöckle. Doch außer Absender und Adressaten wusste bisher niemand etwas davon. Weder war die Mitteilung zu den offiziellen Akten des Ministeriums genommen worden, noch hatten Vertreter des Ressorts in den Hochschulgremien davon berichtet. Bekannt wurde sie erst jetzt, als die hartnäckig um Aufklärung bemühte Landtags-FDP gezielt nachfragte, wie Bauer persönlich denn von den Turbulenzen in Ludwigsburg erfahren habe. Durch Rösler, bestätigte das Ministerium dem Liberalen-Abgeordneten Friedrich Bullinger und nannte auch den genauen Zeitpunkt des Eingangs: 17. März 2014, 15.21 Uhr.

Verbotene Flucht in die Öffentlichkeit?

Warum aber wurde die Mail mehr als ein Jahr lang verschwiegen? Das Ministerium sei ja bereits am 14. März offiziell über die Resolution unterrichtet worden, erläuterte ein Ressortsprecher. Insofern habe Röslers Nachricht „keine neue Information“ dargestellt und sei zunächst nicht zu den Akten genommen worden. „Inzwischen wurde dies nachgeholt“, fügte er ohne weitere Begründung hinzu. Aufschlussreich war die Mitteilung indes unter einem anderen Aspekt: Bauer konnte daran ersehen, dass die Resolution der Dekane bereits an die Öffentlichkeit gedrungen war. Eine „Flucht in die Öffentlichkeit“ aber ist Beamten bei Konflikten untersagt, sie müssen sich intern um eine Lösung bemühen.

Zwei Wochen danach wurde dies dem Ministerium in einem Kurzgutachten erläutert, das der Vorsitzende des Hochschulrates veranlasst hatte. Es sei völlig unbestritten, schrieb der beauftragte Anwalt, dass Staatsdiener Meinungsverschiedenheiten nicht nach außen tragen dürften. Schon die Verbreitung der Resolution innerhalb der Hochschule sei als Verstoß gegen die Pflicht zu Verschwiegenheit zu werten, das Durchsickern nach außen sei mindestens in Kauf genommen worden. Sein eindeutiges Fazit: in Ludwigsburg seien „tragende Grundsätze des Beamtenrechts“ verletzt worden.

Studentenvertreter verlangt Aufklärung

Normalerweise bleibt das nicht folgenlos. Doch gegen die Dekane wurden offensichtlich keine Disziplinarverfahren eingeleitet, obwohl die Rektorin dies mehrfach angemahnt haben soll. Erst ein halbes Jahr später bestätigte ihr das Ministerium, dass sie als eigentlich Zuständige befangen sei und man die Prüfung daher an sich ziehe. Deren Ergebnis bleibt freilich unbekannt. In der Antwort an die FDP schrieb das Ressort, man prüfe „einzelne dienstrechtliche Verfehlungen“, könne wegen des Personaldatenschutzes aber nichts Näheres sagen. Das Gutachten werde dabei „einbezogen“, ergänzte ein Sprecher auf StZ-Anfrage.

Auch in einem zweiten Punkt hat Bauers Antwort erhebliche Irritationen ausgelöst. Eher beiläufig erwähnte sie eine Stellungnahme der Ludwigsburger Kanzlerin vom März 2014, die mit zur Entscheidung geführt habe, eine externe Kommission einzusetzen – was letztlich in die Ablösung Stöckles mündete. Der Vorsitzende der Studentenvertretung war darüber höchst verwundert. Die Kanzlerin habe doch stets beteuert, sie habe keine schriftliche Stellungnahme abgegeben, schrieb er an die Ministerin. Nun gebe es doch eine? Das lasse nur einen Schluss zu: entweder sei die Antwort an den Landtag in diesem Punkt unwahr, oder die Kanzlerin habe den Gremien die Unwahrheit gesagt. Nach einer Rückfrage bei der Kanzlerin glaubt das Ministerium den Widerspruch auflösen zu können: Verneint habe diese lediglich eine Stellungnahme zur Resolution selbst. Geäußert habe sie sich aber zur Stellungnahme des Rektorates dazu. Das werde Bauer auch dem Asta-Vorsitzenden darlegen, der noch auf eine Antwort wartet.

Die FDP will weiter nachbohren

Der FDP-Mann Bullinger sieht sich in seiner Ansicht bestärkt, dass die Ministerin ihre „Fürsorgepflicht verletzt“ habe. Die in ihrer Antwort dargestellten Reaktionen auf die Resolution sollten wohl eine „intensive Befassung“ mit dem Thema suggerieren; den eingesehenen Akten sei ein solches Engagement indes „nicht zu entnehmen“. Vielmehr schiebe Bauer die Verantwortung möglichst weit von sich weg, hin zu der externen Kommission. Deren Arbeit aber bleibe völlig intransparent, obwohl die Ministerin die Vorschläge „eins zu eins“ übernommen habe, moniert Bullinger. Sein Fazit: man werde weiter nachbohren.