Paukenschlag im Streit um die Rektorin: Claudia Stöckles Ablösung war wegen Rechtsfehlern wohl unwirksam. So sieht es das von ihr angerufene Verwaltungsgericht Stuttgart in einem Eilverfahren. Bis zum endgültigen Urteil ist nun alles wieder offen.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Paukenschlag in der Krise um die Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen in Ludwigsburg: Im Rechtsstreit um ihre Ablösung hat die Rektorin Claudia Stöckle vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart einen wichtigen Teilerfolg erzielt. Weil die entsprechenden Beschlüsse der Hochschulgremien wohl ungültig sind, hat das Gericht jetzt zwei Eilanträgen Stöckles gegen ihre Ablösung und die Ernennung eines Nachfolgers stattgegeben. Dies gab das Gericht am Montag mit einer Pressemitteilung bekannt.

 

Bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über ihre Klage, deren aufschiebende Wirkung die Richter wieder herstellten, ist Stöckle formal nun doch wieder Rektorin. Mit Blick auf das Interesse des Landes an einem „ungestörten Funktionieren“ der Hochschule darf sie das Amt zunächst aber nicht wieder antreten. Zugleich untersagte das Gericht dem Wissenschaftsministerium von Theresia Bauer (Grüne), den im Juli gewählten neuen Rektor, Wolfgang Ernst von der Hochschule Heilbronn, vor einem endgültigen Urteil zu ernennen.

Ministerium will das Urteil prüfen

Damit verzögert sich der ursprünglich für Anfang November geplante Führungswechsel an der Beamtenhochschule auf unbestimmte Zeit. Seit Stöckle zu Jahresbeginn gegen ihren Willen abgelöst wurde, wird die Hochschule von einem Beauftragten des Wissenschaftsministeriums geführt, dem früheren PH-Rektor Hartmut Melenk. Die bereits seit Monaten währende Übergangsphase verlängert sich nun weiter. Ein Sprecher von Ministerin Bauer sagte der StZ, man werde die Entscheidungsgründe sorgfältig auswerten. Danach werde das Ressort prüfen, „wie es weiter vorgehen wird und ob gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Beschwerde eingelegt wird.“

Für die Ablösung Stöckles hatte das Ministerium „Sofortvollzug“ angeordnet, gegen den sich die Rektorin nun erfolgreich gewehrt hat. In ihrer Begründung machte die 10. Kammer des Verwaltungsgerichts deutlich, dass die Ablösung der Rektorin wohl keinen Bestand haben dürfte: sie weise einen „erheblichen Rechtsmangel“ auf, der „zu ihrer Aufhebung führen dürfte.“ Sowohl der Beschluss des Hochschulrates als auch die Zustimmung des Senats dazu seien nämlich „unzulässigerweise nach nichtöffentlichen Beratungen in diesen Gremien erfolgt.“ Die öffentliche Beratung sei aber besonders wichtig, weil die Gremienbeschlüsse – die einer Zwei-Drittel-Mehrheit bedürften – sonst „einer inhaltlichen Begründung kaum zugänglich“ wären.

FDP fragt nach der Rolle Schmiedels

Wegen dieses Verstoßes gegen die vorgeschriebene (Hochschul-)Öffentlichkeit seien die Beschlüsse rechtswidrig. Das Land Baden-Württemberg hätte daher in Wahrnehmung seines Kontrollrechtes die Zustimmung zur Abwahl der Rektorin nicht erteilen dürfen, folgerten die Richter. Die Juristin Stöckle kann sich somit in ihrer Argumentation bestätigt sehen. Das Wissenschaftsministerium wurde von der Niederlage offenbar überrascht. Es hatte offenbar fest mit einer positiven Entscheidung gerechnet – und die Amtseinsetzung von Wolfgang Ernst bis dahin zurückgestellt.

Die Landtags-FDP erkundigt sich unterdessen in einer neuen Anfrage nach der Rolle der Regierungsfraktionen bei dem Rektorenwechsel in Ludwigsburg. Diese zielt besonders auf den SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel. Er hatte frühzeitig die Ablösung Stöckles gefordert. Durch StZ-Recherchen wurde unlängst bekannt, dass sich unter den Bewerbern für die Nachfolge auch Schmiedels Ehefrau, eine Professorin,befand.