Oder Lothar Matthäus. Der kriegt glatt einen Vogel, wenn er hört, dass diese Rosi sich ein Leben lang nicht dem Boulevard ausgeliefert hat oder den Klatschspalten der Blättchen, mit denen sich ältere Ladys beim Friseur das Warten auf ihre gusseiserne Dauerwelle verkürzen. Er selbst führt sich lieber auf wie ein Ei mit zwei Dottern, ohne Angst davor, als gehörnter Ehetrottel belacht zu werden. Warum, wurde er jüngst gefragt, schweigen Sie nicht? "Ja, gut", hat der Arme gestammelt, "dass, wenn man bekannt ist, alles in der Öffentlichkeit preisgegeben wird, ist schade, aber das gehört dazu zum Ruhm." Gehört es das? Jedenfalls wäre Matthäus, wenn er 40.000 Fanbriefe bekommen hätte wie Rosi damals nach Innsbruck, danach an keinem Spiegel mehr vorbeigekommen, ohne sich selbst zu grüßen und sich das Sie anzubieten.

Rosi ist mit sich standhaft per Du geblieben, und sie hat sich die Kehrseite des Ruhms eisern vom Leib gehalten - wenn der Trubel daheim auf der Winklmoosalm in Reit im Winkl zu groß wurde, "bin ich halt hinten durchs Fenster naus und ab durch den Wald." Wie schafft eine das? "Mit Goaßn-Milch" sei die Rosi aufgezogen worden, haben ihre Schwestern verraten, mit der Milch von der Geiß also - man wird dann nicht so leicht zur Zicke.

Diesen Ritterschlag hat Rosi Mittermaier längst amtlich bescheinigt bekommen von der Sporthilfe. Die vergibt jedes Jahr ihre Goldene Sportpyramide an die wirklich Großen, die in den ewigen Stein gemeißelt gehören, und Rosi steht da auf Augenhöhe mit Max Schmeling und Fritz Walter, Uwe Seeler, Steffi Graf, Franz Beckenbauer, Hans Günter Winkler - der große Reiter hat das Erfolgsgeheimnis, das die Genannten verbindet, in den wunderbaren Satz gefasst: "Eine Operation an der Bandscheibe hat mich gezwungen, mit beiden Beinen auf dem Boden zu bleiben."

Ja, zugegeben, das war früher leichter, die Gnade der frühen Geburt war hilfreich und das Heldenleben einfacher. Man ist als Protagonist noch nicht verglüht unter dem Brennglas der öffentlichen Überwachung oder den Anfechtungen des modernen Sports erlegen, nicht hinter jedem Busch lauerte eine tückische Versuchung, eine süße Verlockung, eine Dopingkontrolle oder sonst ein Fallstrick. Ja noch nicht einmal der "Playboy" ist gekommen - erst Kati Witt, Jahre später, ließ sich zu Nacktfotos überreden, worauf es an den Zeitungsständen fast zu Raubüberfällen kam. All das ist Rosi erspart geblieben - aber wahrscheinlich hätte sie sowieso Nein gesagt.