Auch unter Chimamanda Adichies Freundinnen in Nigeria war und ist Haar ein Dauerthema – und Hautfarbe, je heller desto besser. „Dabei verspürt keine von ihnen den geringsten Wunsch, weiß zu sein“, sagt Chimamanda Adichie. „Manche würden nicht einmal mit einem weißen Mann schlafen.“ Chimamanda Adichie ist dunkel und stolz darauf. Aber was es bedeutet, schwarz zu sein, hat sie erst in den USA gelernt. Sie zog als 19-Jährige hierher, um Medien- und Politikwissenschaften zu studieren. „Faul, verlogen, zu jedem Verbrechen bereit – das sind die Vorurteile, mit denen Schwarze hier täglich konfrontiert werden. Sie müssen ständig das Gegenteil beweisen und erwarten gar nichts anderes. Viele von ihnen wären tatsächlich lieber weiß, weil es ihnen das Leben unendlich erleichtern würde.“ Für jemanden, der wie sie aus einem Land stammt, in dem Schwarze die Mehrheit, nicht die Minderheit bilden, war das eine völlig neue Erfahrung.

 

Chimamanda Adichie hat eine Menge über Rasse und Rassismus zu sagen und sagt es auch, in Artikeln und im Radio. Doch im Interview klingt sie wie eine Lehrerin, die zum hundertsten Mal erklärt, dass eins und eins zwei sind: geduldig, aber mäßig leidenschaftlich. Das ändert sich, als sich das Gespräch der Lage von Frauen zuwendet: in Nigeria, in Amerika, generell. Irgendwo löst sich ein Knopf, und es ist, als würde Chimamanda Adiche lustvoll von der Pflicht zur Kür übergehen. Sie wuchs in der nigerianischen Universitätsstadt Nsukka umgeben von starken Frauen auf. Ihre Mutter war die erste Frau in einer führenden administrativen Position an der Universität, an der ihr Vater als Professor für Mathematik unterrichtete. Ihre Schwester verdiente das Einkommen für Mann und Kinder. Einen inzwischen legendären Auftritt auf einer Konferenz absolvierte Chimamanda Adichie mit dem Motto: „Warum wir alle Feministen sein sollten“. Einen ganzen Abschnitt aus diesem Vortrag verwendet der Popstar Beyoncé im Song „Flawless“.

Unbedingt den Richtigen finden

Der Inhalt: wir würden unsere Mädchen dazu erziehen, die Ehe als Ziel aller Ziele anzustreben. „Auch in den USA und Europa wird den Mädchen eingetrichtert, es gälte unbedingt den einen, den Richtigen zu finden, und nur mit dem sei das Leben lebenswert“, sagt sie. Im Wettbewerb um diesen Halbgott würden Frauen sich gegenseitig sabotieren, anstatt ihre Energien auf den Ausbau ihrer Stärken und Interessen zu konzentrieren. „Jungen werden nicht mit der Vorstellung geimpft, sie seien ohne Frau unvollständig, und empfinden es als Geburtsrecht, Frauen zu nehmen und zu verlassen, wie es ihnen gefällt.“ In „Americanah“ ist es Ifemelu, die Männer nimmt und verlässt. Chimamanda Adichie überlegt und sagt: „Ifemelu ist eine freiere Version meiner selbst.“