Aber ist das wirklich alles so einfach? Natürlich nicht, und weil Westhoffs feine Dialoge auch von der menschlichen Ambivalenz leben, lässt er zum Beispiel Gisela Schneebergers idealistisch geprägte Figur Anne irgendwann entnervt ausrufen: „Hört bloß auf, Dinge zu verändern. Ich will, dass mal was bleibt!“, obwohl es ja ihre Leute waren, die 68er, die einst das Gewohnte um jeden Preis umstürzen wollten.

 

Seine drei Jungen hingegen schlagen ziemlich harte Töne an, dabei spiegelten sie vor allem, sagt der ehemalige Student der Wirtschaftswissenschaften, die derzeitige Ausrichtung unserer Gesellschaft. „Wobei ich nicht von einer Seite komme, von der aus ich das Ökonomische total verteufle, ich finde die Kräfte des Marktes in der Wirtschaft sehr spannend, sehe aber auch, dass sie inzwischen sehr, sehr mächtig sind und dass es zwingend einer Kontrolle durch die Gesellschaft bedarf, damit etwas Positives daraus entsteht.“ Die nachfolgende Generation, erklärt er, „sieht ja, dass es ohne viel Geld und Erfolg schwierig wird, wenn alles sich auf Gewinnmaximierung reduziert und man in einer Stadt wie München auf normalem Weg keine einigermaßen bezahlbare Wohnung mehr bekommt. Das macht natürlich etwas mit den Jungen. Deshalb werden die Alten auch zunächst zum Schreckensbild für sie, weil sie nicht sehen, was die eigentlich geleistet haben.“ Und weil sie vielleicht auch zunächst nicht wahrnehmen, dass die drei noch nicht aufs Abstellgleis gehören, sondern durchaus noch etwas zu bieten haben, weil man mit 60 inzwischen meistens noch mitten im Leben steht?

Umkehrung herkömmlicher Verhältnisse

„Meine Alten sind ja gar nicht alt“, sagt Ralf Westhoff. „Sie sind laut, unbequem und sie trinken ein bisschen viel. Alt sind sie nicht, das hat ja auch was mit innerer Haltung zu tun.“ Fast findet in seinem Film eine Umkehrung herkömmlicher Vorstellungen statt, „denn sie stehen einfach nicht so unter Druck und sind deshalb viel lockerer und entspannter als meine Jungen“. Ralf Westhoff legt sich in seinen pointierten Szenen niemals fest, das wäre ihm wohl zu einfach, Aber wenn man seiner nicht nur komischen Komödie am Ende eine Moral andichten möchte, dann lautete die wohl: Redet miteinander, tauscht euch aus, nur so lassen sich die Gräben überbrücken, die sich zwischen Menschen unterschiedlicher Baujahre und komplett anderer Prägung gelegentlich auftun können. Inspiriert, erzählt Ralf Westhoff denn auch, werde er beim Schreiben seiner Drehbücher durch „Gespräche, Dinge, die ich lese oder höre. Daraus entstehen dann Szenen, da brauche ich auch keine Fakten mehr“. „Ich will“, sagt er lächelnd und sieht dabei sehr jungenhaft und reif aus, „die Realität hinterfragen, aber nicht abbilden.“