Kultur: Ulla Hanselmann (uh)

In einer der Erzählungen der 1979 erschienen Story-Sammlung „Descent of Man“ ging es ebenfalls um ausgerottete Tierarten, erzählt er. 1981 folgte sein erster Roman, „Wassermusik“ – und seitdem hat sich Boyle mit der ihm eigenen Sprachgewalt, Metaphernvernarrtheit und unbändigen Freude an der Satire die Sollbruchstellen der US-Gesellschaft vorgeknöpft und über Gesundheitswahn, Hippiekultur, Immigration und Cyberkriminalität geschrieben. Und eben auch schon über die Auswüchse des Ökoterrorismus, in „Ein Freund der Erde“, seinem siebten Roman, aus dem er jetzt einen zentralen Satz zitieren kann: „Um ein Freund der Erde zu sein, muss man zum Feind des Menschen werden.“

 

Es ist, als ob Boyle in seinem Kopf einen Schalter umgelegt und auf „Interviewmodus“ gestellt hat, denn gerade eben hatte er doch noch zugegeben, müde zu sein, schließlich war er erst wenige Minuten zuvor aus München am Bahnhof angekommen und die paar Meter hierhermarschiert. Sobald die Lesereise zu Ende und er wieder zu Hause in Kalifornien ist, wird er sich erholen und in die Einsamkeit der Wälder des Sequoia-Nationalparks eintauchen, in einem Häuschen, das er sich mietet, ein Fluss ist in der Nähe, ein Wasserfall, es gibt kein Handynetz. „Das mache ich jedes Jahr für mindestens zwei Monate.“

Die Umwelt ist sein Leib-und-Magen-Thema

Aber die Natur, die Umwelt, die Literatur, das sind nun mal seine Leib-und-Magen-Themen, da verfliegt jede Müdigkeit, die braunen Augen in dem für einen 63-Jährigen doch erstaunlich glatten Gesicht blicken hell. Er hat die Knie übereinandergeschlagen, rührt in seinem schwarzen Tee mit Milch und zählt auf, was er als Vater von drei erwachsenen Kindern und Privatmensch, der in einem von Frank Lloyd Wright erbauten Haus im kalifornischen Montecito lebt, alles tut, um die Umwelt zu schützen: „Ich bin ein fanatischer Recycler, bei uns kommt alles auf den Kompost, nichts wird weggeworfen.“ Er tut das, obwohl er überzeugt ist, dass es nicht reicht und die Menschheit garantiert aussterben wird. Mikroben machen ihr den Garaus, glaubt er, das sei „unausweichlich“. Boyles gepflegter Pessimismus kontrastiert nicht nur mit seiner jugendlich-optimistischen Ausstrahlung, sondern auch mit seiner eigenen Geschichte, die doch belegt, wie aus Hoffnungslosigkeit immenser Erfolg erwachsen kann. „When I was a boy“ , als ich ein Junge war – mit diesen Worten lenkt er den Blick mehrmals im Gespräch auf seine Herkunft aus einer Arbeiterfamilie: Seine Eltern, beide Alkoholiker, starben früh, seine Jugend fristete er als Herumtreiber und Gelegenheitsfixer. Während seines Collegestudiums an der State University of New York entdeckte er seine Leidenschaft fürs Schreiben – die Literatur wurde zur Obsession und machte ihn zu einem der produktivsten Belletristen der USA.

Sein Erfolg versetzt ihn in die komfortable Lage zu sagen: „Wenn mich etwas brennend interessiert, schreibe ich ein Buch darüber.“ So war das auch bei „Wenn das Schlachten vorbei ist“ – er nennt die Buchtitel auf Deutsch, sein Akzent klingt hübsch dabei –, die apokalyptische Geschichte beruht auf Fakten. Seinen nächsten Roman habe er schon fertig: so weckt Boyle, ein perfekter Literaturvermarkter, zum Schluss die Neugier. „San Miguel“ spiele auf einer weiteren kalifornischen Kanalinsel. Aber um die Unverträglichkeit von Mensch und Natur, verrät er, gehe es nicht. Bei aller Liebe zum Umweltschutz: „Wiederholen will ich mich nicht.“

T. C. Boyle – Sprachgewalt und Freude an der Satire

In einer der Erzählungen der 1979 erschienen Story-Sammlung „Descent of Man“ ging es ebenfalls um ausgerottete Tierarten, erzählt er. 1981 folgte sein erster Roman, „Wassermusik“ – und seitdem hat sich Boyle mit der ihm eigenen Sprachgewalt, Metaphernvernarrtheit und unbändigen Freude an der Satire die Sollbruchstellen der US-Gesellschaft vorgeknöpft und über Gesundheitswahn, Hippiekultur, Immigration und Cyberkriminalität geschrieben. Und eben auch schon über die Auswüchse des Ökoterrorismus, in „Ein Freund der Erde“, seinem siebten Roman, aus dem er jetzt einen zentralen Satz zitieren kann: „Um ein Freund der Erde zu sein, muss man zum Feind des Menschen werden.“

Es ist, als ob Boyle in seinem Kopf einen Schalter umgelegt und auf „Interviewmodus“ gestellt hat, denn gerade eben hatte er doch noch zugegeben, müde zu sein, schließlich war er erst wenige Minuten zuvor aus München am Bahnhof angekommen und die paar Meter hierhermarschiert. Sobald die Lesereise zu Ende und er wieder zu Hause in Kalifornien ist, wird er sich erholen und in die Einsamkeit der Wälder des Sequoia-Nationalparks eintauchen, in einem Häuschen, das er sich mietet, ein Fluss ist in der Nähe, ein Wasserfall, es gibt kein Handynetz. „Das mache ich jedes Jahr für mindestens zwei Monate.“

Die Umwelt ist sein Leib-und-Magen-Thema

Aber die Natur, die Umwelt, die Literatur, das sind nun mal seine Leib-und-Magen-Themen, da verfliegt jede Müdigkeit, die braunen Augen in dem für einen 63-Jährigen doch erstaunlich glatten Gesicht blicken hell. Er hat die Knie übereinandergeschlagen, rührt in seinem schwarzen Tee mit Milch und zählt auf, was er als Vater von drei erwachsenen Kindern und Privatmensch, der in einem von Frank Lloyd Wright erbauten Haus im kalifornischen Montecito lebt, alles tut, um die Umwelt zu schützen: „Ich bin ein fanatischer Recycler, bei uns kommt alles auf den Kompost, nichts wird weggeworfen.“ Er tut das, obwohl er überzeugt ist, dass es nicht reicht und die Menschheit garantiert aussterben wird. Mikroben machen ihr den Garaus, glaubt er, das sei „unausweichlich“. Boyles gepflegter Pessimismus kontrastiert nicht nur mit seiner jugendlich-optimistischen Ausstrahlung, sondern auch mit seiner eigenen Geschichte, die doch belegt, wie aus Hoffnungslosigkeit immenser Erfolg erwachsen kann. „When I was a boy“ , als ich ein Junge war – mit diesen Worten lenkt er den Blick mehrmals im Gespräch auf seine Herkunft aus einer Arbeiterfamilie: Seine Eltern, beide Alkoholiker, starben früh, seine Jugend fristete er als Herumtreiber und Gelegenheitsfixer. Während seines Collegestudiums an der State University of New York entdeckte er seine Leidenschaft fürs Schreiben – die Literatur wurde zur Obsession und machte ihn zu einem der produktivsten Belletristen der USA.

Sein Erfolg versetzt ihn in die komfortable Lage zu sagen: „Wenn mich etwas brennend interessiert, schreibe ich ein Buch darüber.“ So war das auch bei „Wenn das Schlachten vorbei ist“ – er nennt die Buchtitel auf Deutsch, sein Akzent klingt hübsch dabei –, die apokalyptische Geschichte beruht auf Fakten. Seinen nächsten Roman habe er schon fertig: so weckt Boyle, ein perfekter Literaturvermarkter, zum Schluss die Neugier. „San Miguel“ spiele auf einer weiteren kalifornischen Kanalinsel. Aber um die Unverträglichkeit von Mensch und Natur, verrät er, gehe es nicht. Bei aller Liebe zum Umweltschutz: „Wiederholen will ich mich nicht.“

T. C. Boyle – aus John wurde Coraghessan

T. C. Boyle wurde am 2. Dezember 1948 in Peekskill, New York, als Thomas John Boyle geboren; den Namen Coraghessan gab er sich, als er volljährig wurde, selbst, es ist der Nachname eines entfernten Verwandten. Neben seiner Tätigkeit als Schriftsteller hat Boyle seit 1978 an der University of Southern California in Los Angeles einen Lehrauftrag; heute unterrichtet er dort „Creative Writing“. Boyles dreizehnter auf Deutsch erschienener Roman „Wenn das Schlachten vorbei ist“ wurde von Dirk van Gunsteren aus dem Englischen übersetzt und ist im Carl Hanser Verlag, München, erschienen (22,90 Euro).