Die Behörde reagiert auf die Beschwerden von freien Tankstellen und will ein neues Modell prüfen. Wirtschaftsminister Philipp Rösler begrüßt den Schritt.

Stuttgart - Im Kampf gegen die höchsten Benzinpreise aller Zeiten wollen Bundeskartellamt und Bundesregierung die fünf großen Mineralölkonzerne stärker kontrollieren. Weil die Ölmultis freien Tankstellen Kraftstoff teurer verkauft haben sollen als den eigenen, haben die Wettbewerbshüter ein Verfahren gegen die Unternehmen eingeleitet. Es lägen eine Reihe von Beschwerden freier Tankstellen über die Preisforderungen der Konzerne vor, teilte das Kartellamt in Bonn mit. Der Mineralölwirtschaftsverband wollte den Schritt nicht kommentieren.

 

Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) begrüßte das Vorgehen im Sinne eines fairen Wettbewerbs. Die freien Tankstellen sind auf die Belieferungen aus den Raffinerien der großen fünf angewiesen. Die Autofahrer in Deutschland müssen derzeit in Deutschland so viel fürs Tanken bezahlen wie nie zuvor. Vor diesem Hintergrund diskutiert die Politik seit Wochen verschiedene Wege, um den Rekordständen an den Zapfsäulen Einhalt zu gebieten. Unter anderem wurde eine Erhöhung der Pauschale für Pendler ins Gespräch gebracht.

Preisfesseln prüfen

Sie liegt derzeit bei 30 Cent pro Kilometer und kann bei der Steuererklärung geltend gemacht werden. Die Bundesländer, aber auch die Fraktionen von Union und FDP fordern, dass die Bundesregierung und das Kartellamt Preisfesseln für Tankstellen prüfen sollen. Eine Variante wäre das in Westaustralien praktizierte Modell, wo am Vortag von jeder Tankstelle an eine Behörde gemeldet werden muss, welchen Literpreis man am nächsten Tag verlangt. Dieser darf dann 24 Stunden lang nicht verändert werden.

Kartellamtspräsident Andreas Mundt will prüfen, ob das westaustralische Modell nur für die fünf marktbeherrschenden Unternehmen gelten könnte. Die freien Tankstellen könnten dann jederzeit auf die Preise der großen fünf reagieren, während diese jeweils am Vortag ihre Preise für den nächsten Tag mitteilen müssten. Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands freier Tankstellen, Axel Graf Bülow, betonte, dieser Vorschlag müsse in Ruhe bewertet werden.

„Konsequent nachgehen“

Bei dem nun vom Kartellamt eingeleiteten Verfahren geht es darum, dass BP/Aral, Esso, Jet, Shell und Total freien Tankstellen in mehreren Fällen Otto- und Dieselkraftstoff zu Preisen verkauft haben sollen, die über den Preisen liegen, die sie von ihren eigenen Endkunden an der Tankstelle  gefordert haben. Kartellamtspräsident Mundt erklärte: „Solchen Verdachtsmomenten gehen wir konsequent nach.“ Die freien Tankstellen müssten zu fairen Bedingungen beliefert werden, „um dem Oligopol der großen fünf Wettbewerb machen zu können“. Eine Sprecherin von Wirtschaftsminister Rösler begrüßte das Vorgehen und verwies auf jüngste Regierungsmaßnahmen, um den Ölmultis bei ihrer Preisgestaltung stärker auf die Finger zu schauen.

Die Regierung habe in ihrem Entwurf für ein Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen gerade das bislang befristete Verbot einer Preis-Kosten-Schere dauerhaft etabliert, sagte sie in Berlin. Demnach dürfen die fünf großen Mineralölkonzerne freien Tankstellen Kraftstoff nicht teurer verkaufen als an eigene Endkunden. Auch die freien Tankstellen begrüßten den Schritt der Wettbewerbsbehörde. „Wir freuen uns, dass dies nun in Gang kommt“, sagte Verbandschef Bülow.