Man kann auch jede Freiheit der Welt, einen Berg Kohle, eine Handvoll eigener Firmen, ein Landhaus mit Pool und Gattin, Manschettenknöpfe von Hermès und eine gazellenhafte Geliebte haben und trotzdem in die ganz persönliche Hölle geraten – oder sogar noch einen Stock tiefer. Wie Tantalus. So geht es dem erfolgreichen, körperlich gestählten und furchtbar arroganten kanadischen Aufsteiger-Businessmann Boris Malinovsky, der im Leben alles erreicht hat. Nur ist alles nichts wert, denn seine Frau, die schöne und kluge Béatrice, Ministerin in der kanadischen Regierung, leidet unter schwerster Depression und Melancholie, sitzt stumm und blockiert im Landhaus, und nichts kann ihr helfen.

 

Denis Coté erzählt die Geschichte von „Boris ohne Béatrice“ als die eines Mannes, der das Leben so genießt, wie er es für richtig hält, eine Menge kleiner Sünden, aber keine große begeht und sich mitunter so großartig fühlt, dass er die eigene Sterblichkeit vergisst. Béatrice bleibt dabei wortlos, schmal, fern – ein durchsichtiges Lichtwesen, das eher als allegorische Figur taugt als zum Beziehungsgegenüber.

Pathetische Bilder

Coté schafft pathetische, teils wie Gemälde anmutende Bilder, die dem Zuschauer befehlen, nun bitte aufzumerken. So erscheint die höhere Instanz, die Boris dazu zwingt, alles, was er für erreicht und erstrebenswert hält, zu hinterfragen, als merkwürdiger Unbekannter im Wildseidenkaftan, der selbstverständlich gleich seinen eigenen Flutlichtscheinwerfer mit sich führt. Dieser kleine, fabelwesenhafte Herr mit der seltsamen Sprache (Denis Lavant) ist es, der Boris die Schuld an der Krankheit seiner Frau gibt und in aufreizender Langsamkeit die Geschichte von Tantalus erzählt, dessen Hybris und Herzlosigkeit die Götter so furchtbar bestraften.

Nach dieser Begegnung kann Boris zwar noch mit allem, was nun beginnt, scheitern, aber eines kann er nicht mehr: in der ihm eigenen Selbstgewissheit weitermachen. Je mehr es ihm gelingt, mit sich selbst, seinen Gefühlen, seiner Geschichte und seinen Unzulänglichkeiten in Kontakt zu treten, desto mehr Hoffnung ist für Béatrice – und für ihn auf ein Leben als Sterblicher.