Nicht nur aus den Fehlern, die bei den Berliner Großbaustellen gemacht werden, kann man anderswo lernen. Diese Initiative empfiehlt sich vielleicht auch in Stuttgart zur Nachahmung: Der Förderverein der Staatsoper Unter den Linden sammelt Geld für den Musentempel.

Stadtleben/Stadtkultur/Fildern : Andrea Kachelrieß (ak)

Berlin - Eine leichte Kostenexplosion von 239 Millionen Euro auf mittlerweile mindestens 400 Millionen Euro sowie eine Bauzeitverlängerung von drei auf sieben Jahre: Die Sanierung der Staatsoper Unter den Linden mag wie manches andere große Bauprojekt in Berlin eher abschreckenden Charakter haben. Trotzdem kann man bei der Planung von Großprojekten, wie sie in Stuttgart zum Beispiel mit der Sanierung und Erweiterung des Opernhauses ansteht, nicht nur von den Fehlern lernen, die in der Hauptstadt gemacht wurden. Jetzt etwa lässt eine Initiative aufhorchen, die zum Nachahmen einlädt: „Nehmen Sie Platz“ hat der Verein der Freunde und Förderer der Staatsoper seine Idee überschrieben, mit Stuhlpatenschaften und Blick auf die für für den Herbst 2017 geplante Wiedereröffnung dem kosten- und baustellengeplagten Haus zu helfen.

 

Als Dank für ihre Gabe, die in den Kategorien 5000, 2000 oder 1000 Euro möglich ist, erhalten die Paten nicht nur eine Namensplakette, sondern auch Vorbuchungsrechte für ausgewählte Vorstellungen sowie weitere besondere Angebote wie exklusive Einladungen zu einem Probenbesuch und einer Gebäudeführung vor der Wiedereröffnung. Bezahlt wird mit der Patenschaft für einen der originalgetreu nachgebauten Stühle allerdings nicht das Möbel selbst: Die Verbundenheit der Berliner Opernliebhaber erhält mit einer Namensplakette zwar konkreten Ausdruck, das Geld selbst fließt aber in die Förderung von Neuproduktionen, in die Staatskapelle Berlin sowie in das das musiktheaterpädagogische Programm der Jungen Staatsoper.

Stufenpaten machten in Stuttgart den Schlaich-Turm möglich

Ein Projekt also, das auch in Stuttgart Schule machen könnte: Auf rund 400 Millionen Euro ist hier das Gesamtpaket der Opernhaus-Generalertüchtigung veranschlagt. Derzeit wird noch darüber nachgedacht, wo Oper und Ballett in der Bauzeit ersatzweise unterkommen könnten. Stühle braucht die Interimsspielstätte aber auf alle Fälle; und vielleicht könnten solche Stuhlpatenschaften den Förderverein der Staatstheater Stuttgart auch bei der Finanzierung der Innenausstattung des Neubaus der John-Cranko-Schule, die das Theater zum Teil selbst stemmen muss, helfen.

Wer sehen will, wie hoch man mit solchen Patenschaften hinaus kommt, dem sei ein Besuch des Aussichtsturms im Höhenpark Killesberg empfohlen: Mit Patenschaften über die 348 Stufen sicherte der Verschönerungsverein Stuttgart 1997 den Bau des von Frieder Schlaich entworfenen Bauwerks. Auch in Berlin finden die Stühle Anklang: Bereits zwei Wochen nach Beginn der Aktion gab es über 80 registrierte Stuhlpaten, zu denen unter anderem die Familie von Knobelsdorff, Brigitte und Arend Oetker sowie Stiftungen und Unternehmen zählen.