Kultur: Tim Schleider (schl)


Und weil Bernd Eichinger trotz "Werner" und "Manta" und "Ballermann" auch weiterhin Kunst liefern wollte, wurde er zum Fachmann für Literaturverfilmungen. Die lange Liste reicht von Michael Endes "Unendlicher Geschichte" über Isabel Allendes "Geisterhaus" bis zu Dietrich Schwanitz’ "Campus" und Patrick Süskinds "Parfüm". Doch Lob hat er dafür – außer vom Publikum in Gestalt bezahlter Eintrittskarten – nur selten eingeheimst. Ganz im Gegenteil: die meisten Kritiker zeigten sich hochgradig frappiert, wie es Eichinger gelang, selbst renommierte Regisseure wie Wolfgang Petersen, Bille August, Sönke Wortmann, Tom Tykwer oder Oskar Roehler so unter seine künstlerische Kuratel zu stellen, dass von all den schönen, poetischen, vielschichtigen Romanvorlagen auf der Leinwand selten mehr übrig blieb als eine glatte, auf zügige Effekte versierte, irgendwie aseptische, aber natürlich ungemein auf Glanz bedachte Oberfläche.

Nun hat Eichinger nicht nur Kritik einstecken müssen, sondern auch kräftig ausgeteilt. Der Höhepunkt dieser Hassliebe zwischen Mega-Produzent und Giga-Kritik war 2004 erreicht, als er Oliver Hirschbigel im "Untergang" den Großschauspieler Bruno Ganz als täuschend echten Adolf Hitler auftreten ließ – und Eichinger in den begleitenden Interviewschlachten den Deutschen mitteilte, damit ließe er sie nun endlich die Nachkriegszeit abschließen. Das war dann doch zu dick aufgetragen.

Er hat gefeiert, gelacht, gesungen, gesoffen


Und doch! Sind das nicht alles Dinge, alles Details, die man über jeden großen Produzenten der Kinogeschichte, egal in welchem Land, erzählen kann? Und er war schlicht und einfach dies: ein Großer. Bis dato der einzige deutsche Filmproduzent, auf dessen Wort die Filmwelt aufmerksam hörte. Er hat die Talente gesucht, entdeckt, gefördert, aufgebaut. Er hat in den Promibars gefeiert, gelacht, gesungen, gesoffen. Er hat sich mit allen möglichen Leuten aufs Blut zerstritten und dramatisch wieder versöhnt. Er hat den deutschen Film geliebt, je länger, desto bedingungsloser.

Es ist noch kein Jahr her, am 23. April 2010, da hat ihn die Deutsche Filmakademie mit einem Ehrenpreis für sein Lebenswerk geehrt. Man mag sich gar nicht vorstellen, Bernd Eichinger wäre für immer von der Filmbühne gegangen, ohne dass ihm die Filmwelt trotz aller Widersprüche diesen Tribut gezollt hätte. Und gerade so ist auch die Stimmung jetzt, angesichts einer völlig überraschenden Todesnachricht, im Alter von gerade mal 61 Jahren. Ja, da hat einer seine Sache geliebt. Und er hat verstanden, wie sie geht. Das erzeugt Achtung und Respekt. Produzent: Bernd Eichinger. So viel Abspann muss sein.