Die AfD steht vor der Zerreißprobe: Bernd Kölmel, der Landesvorsitzende der Alternative für Deutschland, warnt vor rechtsradikalen Tendenzen. Es gehe jetzt um das Überleben der Partei, sagte er im Gespräch mit der StZ.

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Stuttgart - Der Bundesvorsitzende der AfD, Bernd Lucke, hält einen Bruch zwischen den radikalen und den bürgerlichen Kräften seiner Partei für unausweichlich. „Ich glaube nicht, dass Appelle zur Geschlossenheit hier weiterhelfen. Die Grundvorstellungen dieser beiden Gruppen sind unvereinbar“, schrieb Lucke in einer E-Mail, die am Montag an alle Mitglieder der Alternative für Deutschland ging. Der Co-Vorsitzende Konrad Adam hatte am Sonntag erklärt, Lucke plane, die zu AfD verlassen und eine neue Partei zu gründen. Lucke wollte dies nicht kommentieren. Den Mitgliedern teilte er mit: „An diesem Gerücht ist lediglich wahr, dass ich mir große Sorgen um die AfD mache.“

 

„Nähe zur NPD ist nicht tolerierbar“

Auch Bernd Kölmel, AfD-Landesvorsitzender in Baden-Württemberg, sieht seine Partei „in einem Kampf zwischen fundamentalistisch ausgerichteten Mitgliedern und den Realpolitikern“. Im Gespräch mit der Stuttgarter Zeitung unterstreicht der Europaparlamentarier: „Unter dem Dach der AfD beherbergen wir im Moment einige Mitglieder, die definitiv nicht zu uns passen.“ Kölmel greift in diesem Zusammenhang Björn Höcke, den Fraktionsvorsitzender der AfD im Landtag von Thüringen, scharf an. „Wenn ich lese, dass Björn Höcke NPD-Mitgliedern den Zugang zur AfD offen halten will, dann begibt er sich damit weit außerhalb dessen, was für mich noch tolerabel ist“, sagt Kölmel. „So jemandem muss offen gesagt werden, dass er im Zweifel in der falschen Partei ist.“

Auch der EU-Parlamentarier Joachim Starbatty geht zu Konrad Adam auf Distanz. „Das war die Meinung eines Einzelgängers, diese Aussage war mit niemandem abgestimmt“, sagt der AfD-Politiker. „Bernd Lucke hat nicht vor, zurückzutreten oder sich abzuspalten.“ Anders als in etablierten Parteien gebe es bei der relativ jungen AfD noch keine festgefügten internen Hierarchien, die solche verbalen Angriffe aus den eigenen Reihen verhindern könnten. „Wir müssen bei uns eben erst noch die richtige Hackordnung finden.“

Es gehe um das Überleben der Partei

Nach den Worten von Kölmel geht es nun vor allem darum, den Mitgliedern der AfD zu erklären, dass dieser Streit „nicht nur ein Sturm im Wasserglas“ ist. Es gehe inzwischen um das Überleben der Partei. Kölmel: „Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem wir uns nach vielen Erfolgen auch intern konsolidieren müssen.“

Antikapitalistische, deutschnationale, antiislamische und zuwanderungsfeindliche Kräfte hätten dem Ansehen der AfD zuletzt stark geschadet, schreibt dazu Lucke. Ein seriöses Image sei aber nicht nur wichtig für Parteimitglieder, die in ihrem Freundeskreis nicht schief angesehen werden wollten. Die Entwicklung sei auch ein Grund dafür, dass sich potenzielle AfD-Wähler in Hamburg und Bremen der FDP zugewandt hätten. Im April hatte Luckes liberaler Mitstreiter Hans-Olaf Henkel den AfD-Vorstand verlassen. Er hatte vor einem Rechtsruck der Partei gewarnt.