Der Verein Integra Filder bildet Soziallotsen aus. Sie sollen Migrantinnen das Einleben in Filderstadt erleichtern. Bei einem Kurs im Bürgerzentrum Bernhausen geht es um das Thema Unterschiede.

Bernhausen - Im Saal des Bürgerzentrums Bernhausen gehen 20 Männer und Frauen langsam hin und her. Dabei tun sie so, als wären sie allein. Sie halten ihre Köpfe gesenkt und blicken beim Gehen auf ihre Schuhe. Dafür gibt es einen Grund: „Geht durch den Raum und nehmt euren Gang wahr. Schaut nach unten und konzentriert euch auf euch selbst“, hatte die Sozialpädagogin Tülin Richmond ihnen gesagt.

 

Die Übung ist Teil der Ausbildung zum Soziallotsen, die der Verein Integra Filder anbietet. Mehmet Havlaci ist der Leiter des Bildungs-, Beratungs- und Begegnungszentrums Integra in Bonlanden. Vor drei Jahren haben er und seine Frau Barbara Havlaci-Ludwig das Projekt Elternlotsen ins Leben gerufen. „Wir haben gemerkt, dass Erwachsene nicht nur Bildungsfragen haben, sondern auch Übersetzer und Hilfe beim Arbeitsamt brauchen.“ Da sollen die Soziallotsen ansetzen, die sich als neues Projekt an Migrantinnen richten. „Sie sollen ihre erste Anlaufstelle bei Problemen sein“, sagt Havlaci.

Soziallotsen helfen Migranten

Doch bis es soweit ist, absolvieren die Interessenten von Februar bis Oktober eine Ausbildung über 40 Stunden. „Es freut mich, dass es so viele Menschen gibt, die sich für andere interessieren und das internationale Miteinander leben und pflegen“, sagte Filderstadts Integrationsbeauftragte Karin Kesper-Kirsch eingangs zu den künftigen Soziallotsen. Die meisten kennen das Einleben in einer fremden Kultur aus eigener Anschauung. Nur vier Teilnehmer haben keinen Migrationshintergrund. Die Soziallotsen seien wichtig, weil sie Migranten helfen sollen, die Dienste der Stadt kennen zu lernen, sagte Kesper-Kirsch.

Durch das Gehen üben sie zunächst den Blick auf sich selbst. Richmond läutet eine Glocke. Die Teilnehmer erstarren. „Jetzt geht ihr rückwärts. Eure Wahrnehmung ist weiter nach innen gerichtet.“ An diesem vierten Abend des Soziallotsenlehrgangs hält Richmond, die in Istanbul geboren wurde, einen Vortrag über Diversity als kulturelle Vielfalt. Dabei geht es um das Alter, die Herkunft, Religion, Nationalität und die sexuelle Identität. „Ein gemischtes Team, das mit diesen Unterschieden umgehen kann, ist ein Erfolgsfaktor“, sagt Richmond. Zunächst gehe es darum, sich Stärken und Schwächen bewusst zu machen und unterschiedliche Ansichten zu akzeptieren.

Das gleiche Tempo verbindet

Auch wenn die Soziallotsen Migrantinnen beim Ankommen unterstützen, sind sie eine Gemeinschaft. „Das Ziel ist, dass die Gruppe zusammen bleibt“, sagt Richmond. Die Aufgabe sollen die Teilnehmer im Stehen lösen. „Überlegt euch was euch ausmacht und welche Fähigkeiten ihr habt.“ Die Teilnehmer denken nach. Einige Minuten später sprechen sie darüber was sie unterscheidet. „Für mich war es schwer, Unterschiede zu finden. Wir hatten vieles gemeinsam“, sagt Matteo Conti. Als letzte Phase des Spiels gehen alle Teilnehmer in einem Tempo durch den Saal. Das klappt erstaunlich gut. „Wir haben das gleiche Tempo gefunden“, stellt die Teilnehmerin Halyna Burt fest. Mehmet Havlaci erklärt die Übung: „Es geht darum, sich seiner Kompetenzen bewusst zu werden und Verantwortung zu übernehmen.“