„Um die für einen Parfümeur so wichtigen schöpferischen Kräfte zu entwickeln, heißt es üben, üben, üben.“ Das ist die Überzeugung Lydie Gumerys , der pädagogischen Leiterin der Hochschule von Versailles. Überall gelte es neugierig hineinzuschnuppern, sagt sie selbst. Metrotunnel und Straßenränder seien mit der Nase zu erkunden. Belmonte nickt. Wenn es gutgeht, wird die Marketingabteilung eines Unternehmens die Duftkompositionen der Südfranzösin eines Tages mit Gazellen ähnlichen Geschöpfen anpreisen, die auf Highheels durch Großstadtlandschaften stolzieren. Die Frau, die sich das Parfüm erdacht hat, trägt Stiefel mit flachen Absätzen und Bluejeans – Arbeitskleidung eben. Aber kann man sich Kreativität wirklich erarbeiten?

 

Die 45-jährige Dozentin Gumery ist davon überzeugt. Natürlich könne man einen Studenten nicht einfach ins Labor setzen und auffordern, etwas Originelles zusammenzumischen, sagt sie. Für einen angehenden Parfümeur gelte dasselbe wie für einen angehenden Musiker und Komponisten. „Den setzt man ja auch nicht einfach vor einen Konzertflügel und befiehlt: Spiel etwas Eigenes.“ Am Anfang gelte es, Kompositionen alter Meister zu interpretieren, sich in sie hineinzuversetzen, ihre Werke zu durchdringen, sie möglichst vollendet darzubieten. In der Parfümbranche sei das schon schwer genug. Was sich der Laie simpel vorstelle, erweise sich beim Eindringen in die Materie oftmals als erschreckend komplex. „Wer auch nur Tomatenduft reproduzieren will, muss 100 bis 200 unterschiedliche Moleküle in bestimmten Proportionen zusammenbringen, damit die Nase dem Gehirn tatsächlich Tomaten meldet“, erzählt Gumery.

Der Traum von der großen Kreation

Im Idealfall beginnt der angehende Parfümeur eines Tages dann, fremde Werke zu transzendieren, zu improvisieren, Eigenes zu entwickeln, auf welcher Stufe der Karriereleiter auch immer: als Junior-Parfümeur, Senior-Parfümeur, in Diensten eines weitgehend unbekannten Parfümherstellers, der Duftkombinationen und Rohstoffe feilbietet, oder gar wie Ellena, im Auftrag eines großen Kosmetikhauses. Belmonte blickt versonnen in die Runde, rupft an ihrem Ohrring. „Genau davon träume ich“, sagt sie. „Von dem Augenblick, da ich mein eigenes Parfüm erschaffe, wo auch immer.“