„Mich trieben verschiedene Fragen an: Was will ich in meinen Leben noch erreichen? Womit will ich künftig mein Geld verdienen?”, berichtet Weyersberg, dem in dieser Zeit gekündigt wurde. Heute empfindet der Betriebswirtschaftler diesen Umstand als Glück, denn durch diese Kündigung bekam er die Gelegenheit, sich ernsthaft mit Alternativen zu seiner bisherigen Tätigkeit auseinanderzusetzen. Dabei wurde ihm bewusst, dass er selbst ein Unternehmen leiten wollte. „In dieser Zeit erfuhr ich, dass der Inhaber einer Kupfermanufaktur sein Unternehmen verkaufen wollte. Durch die damals herrschende Finanzkrise war es mir möglich, diese Manufaktur zu einem erschwinglichen Preis zu erwerben”, berichtet Weyersberg. Sein Plan war es, hochwertiges Kochgeschirr aus Kupfer zu produzieren. „Damit habe ich mir eine Nische im Markt gesucht und durch die Verarbeitung von Kupfer bei Kochgeschirr auch ein Alleinstellungsmerkmal gefunden.”

Inzwischen schreibt Weyersbergs Kupfermanufaktur schwarze Zahlen: „Ich habe berechtigte Hoffnung, dass mein Weg in die Selbstständigkeit richtig war. Noch nie habe ich so viel Spaß bei der Arbeit gehabt und mit so viel Energie und Euphorie Hindernisse bewältigt.”

Thomas Götze hat schon viele seiner Klienten bei der beruflichen Neuorientierung begleitet: „Die Ausgangslage meiner Klienten ist sehr unterschiedlich. Die einen wollen sich verändern und machen das aus einer Position der Stärke heraus, die anderen müssen sich verändern, weil sie zum Beispiel gekündigt wurden.” In diesem Fall beginnen seine Klienten die Neuorientierung vielfach aus einer Position der Schwäche und spürbarer Betroffenheit heraus.

Doch egal wie die Ausgangslage auch aussieht: Am Beginn jeder Neuorientierung steht die Selbstreflexion und Beschäftigung mit dem Ist-Zustand. Dazu gehört neben der Reflexion über die aktuelle berufliche Situation auch die Beschäftigung mit den eigenen Stärken und Kompetenzen. „Das ist ein wichtiger, klärender Schritt, denn er schafft ein Bewusstsein darüber, auf welches Kompetenzprofil der Klient zurückgreifen kann”, erklärt Götze. „Er zeigt außerdem, in welchen Berufsfeldern er künftig arbeiten kann. Oft ist das Berufsspektrum, das sich aus dieser Analyse ergibt, sehr groß.” In einem nächsten Schritt geht es dann darum herauszufinden, was dem Berufstätigen Spaß macht und ihn motiviert.

Götze rät, eine Liste mit all den Kriterien anzulegen, die der neue Beruf unbedingt erfüllen muss, damit der Wechselwillige künftig ein erfüllenderes Berufsleben als bisher hat. „Schreiben Sie aber auch auf, welche Rahmenbedingungen wünschenswert, aber nicht unbedingt notwendig wären. Mit diesen Listen haben Sie ein klares Suchraster für Ihren neuen Beruf.”

Die Selbstreflexion allein reicht aber oft nicht aus, um einen erfolgreichen Berufswechsel zu initiieren. Deshalb empfiehlt Götze auch den Austausch mit anderen. „Es muss nicht unbedingt ein Coach sein, aber lassen Sie sich bei Ihrer Neuorientierung von einem Außenstehenden - zum Beispiel einem guten Freund - begleiten.” Denn dieser kann dabei helfen, Selbst- und Fremdwahrnehmung miteinander zu vergleichen und den Blickwinkel zu weiten. Natürlich sollte der Freund unvoreingenommen sein und keine persönlichen Motive einbringen. Hat sich so ein neues Berufsziel herauskristallisiert, geht es darum herauszufinden, ob seine Umsetzung realistisch ist. „Fragen Sie sich, ob Ihre Familie Ihre berufliche Neuorientierung mittragen kann”, erklärt Götze.

Auch Jürgen Weiger, Teamleiter der Arbeitsvermittlung bei der Arbeitsagentur Stuttgart, empfiehlt, sich über die finanziellen Konsequenzen einer Umschulung oder gar einer weiteren Ausbildung konkrete Gedanken zu machen und das auch mit der Familie abzustimmen. „Wir als Arbeitsagentur können nur Leute fördern, die noch keine Berufsausbildung haben”, betont Weiger.

Neben den finanziellen Rahmenbedingungen rät der Arbeitsvermittler Wechselwilligen, sich genau über die Arbeitsmarktchancen zu informieren: „Recherchieren Sie im Internet, wie der Arbeitsmarkt in der Branche aussieht, in die Sie einsteigen wollen. Gibt es freie Stellen auf dem regionalen Arbeitsmarkt oder nur überregional?” Weiger empfiehlt auch, vorab zu klären, mit welchen technischen Entwicklungen künftig gerechnet werden muss.