Manch ein Eigentümer schätzt es, dass bei Denkmalen erhöhte Abschreibungen möglich sind. Bewohner der Aspensiedlung in Stuttgart-Botnang klagen jetzt aber gegen das Prädikat Kulturdenkmal.

Stuttgart - Bleibt die „schwarze Siedlung“ in Botnang denkmalgeschützt oder müssen die Behörden den Ehrentitel Kulturdenkmal wieder streichen? Diese Frage hat jetzt das Verwaltungsgericht Stuttgart beschäftigt. Die Entscheidung der 13. Kammer ist frühestens Ende Januar zu erwarten. Danach wird möglicherweise auch noch der Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Mannheim darüber richten müssen – weil entweder der Klärger oder aber die Stadt Stuttgart als Beklagte und das Regierungspräsidium (RP) Stuttgart an einer Berufung interessiert sind.

 

Kläger bestreitet die Denkmalfähigkeit der Gebäude

Die „schwarze Siedlung“, so genannt wegen ihrer dunklen Dachschindeln und einst für höhere Beamte gebaut, ist ein Areal mit Flachdachbauten im Wald: 31 Einfamilienreihenhäuser, Mehrfamilienhäuser und ein höheres Punkthaus. Die Gesamtplanung und die Detailpläne für die Reihenhäuser stammen von den Architekten Kammerer und Belz. Im März 2011 wurde die Siedlung per Bescheid von der Stadt aus „wissenschaftlichen Gründen“ zum Denkmal erklärt. Das RP – Aufsichtsbehörde für die Stadt und Sitz der oberen Denkmalbehörde – wies den Widerspruch von Betroffenen 2014 zurück. Die geben aber nicht auf. Zwei Klagen ruhen, aber nur deshalb, weil exemplarisch die Klage des Eigentümers und Rechtsanwalts Ralf Trunk verhandelt und entschieden werden soll. Und Trunk war es, der jetzt die Klingen mit den Denkmalbehörden und der Anwältin der Stadt kreuzte.

Der klagende Anwalt führte an, dass die Siedlung nicht denkmalfähig und -würdig sei. So junge Objekte könnten keine Denkmale sein. Erst müsse die betreffende architekturgeschichtliche Epoche abgelöst sein. Aber so wie hier werde noch immer gebaut. Außerdem: Das Urheberrecht von Architekten gelte 70 Jahre. Veränderungen dürften da nicht ausgeschlossen werden. Schlussendlich gebe es Siedlungen wie diese aus den 1960-er Jahren viele. Die gerühmte Gartenplanung von Hans Luz sei nie umgesetzt worden. Trunk und seine Mitstreiter befürchten durch die Denkmaleigenschaft Wertverluste und Bevormundungen bei der Pflege von Gärten und Gebäuden – zumindest bei äußeren Elementen.

Richter vor einer schweren Entscheidung

Die Stadt und die Denkmalbehörden hielten dagegen. Anders als etwa in Bayern müsse für die Unterschutzstellung in Baden-Württemberg die betreffende architekturgeschichtliche Epoche nicht abgeschlossen sein. Die Nachkriegsmoderne, zu der diese Siedlung zähle, sei aber abgelöst worden: von Postmoderne und Dekonstruktivismus.

Im Übrigen gehe es hier nicht um einzelne Häuser, sondern um das Gesamtprojekt „anspruchsvolles Wohnen in den 60er Jahren in einem verdichteten Umfeld“ – mit Häusern, Gärten und einer speziellen Wegeführung unter den besonderen topografischen Bedingungen am Hang. Und mit der Intention, Rückzugsräume für die Bewohner zu bieten. Man wolle nicht einzelne Baumfällungen verhindern oder die penible Einhaltung von Pflanzplänen erzwingen. Man wolle aber das Gesamtbild der Siedlung erhalten. Dafür gebe man einen „großen Katalog“ zulässiger Maßnahmen vor.

Der Richter machte klar, dass für ihn weniger bedeutsam ist, ob Experten die Denkmalwürdigkeit der Siedlung bereits in vielen Büchern dokumentiert haben. Auch die Originaltreue einzelner Häuser oder Pflanzbeete interessiert ihn weniger. Sogar die Frage, ob die Begründung im Denkmalbescheid überzeugend ist, müsse für seine Entscheidung nicht maßgeblich sein. Den Richter beschäftigt eher die Frage, ob die Siedlung als Ganzes noch annähernd erhalten ist oder nicht. Außerdem bewegte ihn die Frage, ob unter allen anderen Siedlungen aus den 1960er-Jahren ausgerechnet diese zurecht Denkmalstatus erhielt. Das Gericht müsse selbst eine eigene vollständige denkmalschützerische Bewertung vornehmen – und das klang wie nach einer schweren Last.