Terazije ist der wohl einzige Platz der Stadt, der seinen türkisch klingenden Namen jahrhundertelang behalten hat. Hier trifft man sich, hier logieren Geschäftsleute und Politiker im altehrwürdigen Hotel Moskva. Das noble Jugendstilgebäude glänzt mit grün glasierten Ziegeln weithin sichtbar neben schmucklosen Plattenbauten. Gegenüber im achten Stock eines unauffälligen, ja langweiligen Hochhauses tagen Schriftsteller, Künstler und Journalisten. In den unteren Etagen logiert die Industrie- und Handelskammer sowie die Agentur für Privatisierung. Dazwischen die Räume des „Novi Magazin“, eines politischen Wochenmagazins. Und ganz oben – quasi unterm Dach – das Restaurant Caruso.

 

Von der zu beiden Seiten offenen Terrasse genießt man einen herrlichen Ausblick auf die Stadt. Im milchig-trüben Licht wirkt Belgrad wie ein chaotisches Sammelsurium, von durcheinander gewürfelten, faden, sozialistischen Gebäuden und dunkelgrauen Prunk- und Prachtbauten vergangener Jahrhunderte, Kirchtürmen und einzelnen Hochhäusern.

Die Schattenseiten der Privatisierung

Im Restaurant ist immer ein Tisch für Nadezda Gace, die Chefredakteurin des „Novi Magazin“, und ihre Journalisten reserviert. Kulturelle, wirtschaftliche,politische Themen werden bei serbischen Spezialitäten diskutiert. Zu gegrillter Hühnerbrust und weich gekochtem Gemüse serbischer Art kredenzen die Kellner einen trockenen Rotwein aus Dalmatien. In Nadezda Gaces Tischrunde ist Jelena Volic ein gern gesehener Gast. Sie kennt sich aus in der deutschen und serbischen Zeitungswelt: „In Deutschland weiß man genau, wo welche berühmten oder profilierten Medien stehen. Hier ist die Lage anders. Die Medien waren staatlich gesteuert. Die Idee war, wenn man die Medien privatisiert, dann werden die frei. Ja, Pustekuchen! Wenn man die Medien privatisiert, dann berichten die das, was die Besitzer wollen.“ Nicht so die freien Publizisten des „Novi Magazin“! Sie kämpfen Woche für Woche trotz aller finanziellen Schwierigkeiten um eine unabhängige Zeitung.