Region: Verena Mayer (ena)

Ein parkendes Paketauto ragt in die Straße. Stefan hält. Er will den entgegenkommenden Wagen ungestreift passieren lassen. „Das hättest du geschafft“, sagt Weber nach einer halben Minute Stillstand. Stefan lernt, dass er nicht zu lange warten darf. Sonst könnten die Fahrer hinter ihm ungeduldig werden und ihn überholen. „Dann hast du ein neues Problem“, sagt Weber.

 

Und weiter. „Rechts abbiegen. Worauf achten wir?“ – „Auf die Fußgänger.“ Richtig.

„Jetzt links abbiegen.“ Stefan schlägt das Lenkrad ein. Weber zieht es zurück. Die Kollision auf der Kreuzung fällt kurzfristig aus. „Worauf achten wir?“, fragt Weber. „Auf den Gegenverkehr“, antwortet Stefan. Theorie und Praxis sind noch zwei Paar Stiefel.

Weber hat alles im Blick. Er sieht den Kinderwagen am Zebrastreifen, bevor er dort auftaucht. Er weiß um den ungeduldigen Hintermann, der seinen Schüler gleich nervös machen wird. Er ahnt den Radfahrer, der aus der Einfahrt schießen wird. „Man ist immer unter Strom“, sagt Weber, der Berufssoldat werden wollte, Psychologie studiert hat und schließlich Fahrlehrer wurde. Seit 32 Jahren unterrichtet er. 40 Unfälle hat er in dieser Zeit überstanden, zwei nur mit Glück. Das eine Mal hatte ein Sattelzug seinen Golf beim Spurwechsel übersehen und zermatscht. Das andere Mal war ein 40-Tonner auf den Schulwagen gefahren, weil ein Schüler unvermittelt eine Vollbremsung hingelegt hatte.

„Wann fahren wir wieder?“, fragt der Lehrer seinen Schüler am Ende der Stunde. „Noch mal?“, staunt Stefan, der sich reif für die Prüfung fühlt. „Heute hättest du nicht bestanden“, gibt Weber zurück.

Alina will im zweiten Gang anfahren. Weber interveniert: „Hast du an alles gedacht?“ – „Oh!“

In einer Tempo-30-Zone deutet Weber auf den Tachometer. Alina fährt fast 40. – „Oh!“

Alina bremst. „Rechts oder links?“, fragt sie hektisch, beinahe wäre sie in die Einbahnstraße gefahren – von der falschen Seite. „Das war knapp“, sagt Weber.

In einer engen Straße streift Alina fast den Außenspiegel eines geparkten Autos. „Würde sich der Prüfer jetzt wohlfühlen?“, fragt Weber. „Eher nicht.“

Jetzt rückwärts einparken. „Wenn du das auf Anhieb schaffst, kriegst du einen Blumenstrauß“, wirbt Weber. Alina steht nach dem dritten Anlauf ordentlich zwischen dem Wohnmobil und dem Pkw. „Das Gleiche noch mal“, ordnet der Lehrer an. Alina fragt: „Krieg ich jetzt auch einen Blumenstrauß?“ Weber lacht.

Alina wollte bereits die praktische Prüfung machen, doch es gab keinen freien Platz mehr. Bis zum nächsten Termin in zwei Wochen nimmt die Gymnasiastin weiter Fahrstunden. Dann fühlt sie sich sicherer.

Fahrschulpflicht gibt es in Deutschland seit 1986

Als Peter Tschöpe seinen Führerschein bekam, musste er vorführen, dass er rückwärts einparken kann, und beweisen, dass er weiß, was rechts vor links bedeutet. Nach zehn Minuten hatte er die Prüfung bestanden. Das war 1964. Heute ist Tschöpe Seniorchef einer eigenen Fahrschule und der Vorsitzende des baden-württembergischen Fahrlehrerverbands. Wenn der ACE die „Monopolstellung“ der Fahrschulen beklagt, dann verdreht er die Augen. Ja, es stimme, dass Aspiranten in Schweden oder Großbritannien nicht zwingend eine Fahrschule besuchen müssen. Auf die Theorieprüfung können sie sich selbst vorbereiten. Vor dem Praxistest müssen die Schweden ein Gefahren- und Schleudertraining absolvieren. Für die Briten gibt es gar keine Mindestanforderung. „Doch solche Vergleiche sind nicht seriös“, sagt der Verbandschef. Wenn in Schweden nicht gerade ein Elch über die Straße laufe, sei auf den Straßen dort ja nichts los. Und in Großbritannien dürften Fahrschüler nicht auf Autobahnen fahren.

Tschöpe erinnert an früher, als die Autobildung in Deutschland noch nicht so anspruchsvoll war. Die Fahrlehrer führten ihre Zöglinge kaum weiter als bis zur Stadtgrenze, eine Testfahrt über Land gab es nicht, ein Abstecher auf die Autobahn war verboten. Sogar die Ausbildung in der Schule war freiwillig. Wer wollte, konnte sich das Fahren von jemandem mit Erfahrung beibringen lassen. Weil dies aber kaum jemand genutzt hätte, wurde 1986 die Fahrschulpflicht eingeführt.

Stefan wartet im Auto. Er hört Musik. Bis Weber zusteigt. Der Lehrer schaltet das Radio aus. Konzentration! Stefan gibt Gas. Der Motor heult. Der Schüler hat keinen Gang eingelegt.

„Wir fahren rechts“, sagt Herbert Weber. – „Okay.“ – „Rehechts“, wiederholt der Lehrer mahnend. Jetzt denkt Stefan an den Blinker.

Intensiver Preiskampf in der Fahrschulbranche

Ein parkendes Paketauto ragt in die Straße. Stefan hält. Er will den entgegenkommenden Wagen ungestreift passieren lassen. „Das hättest du geschafft“, sagt Weber nach einer halben Minute Stillstand. Stefan lernt, dass er nicht zu lange warten darf. Sonst könnten die Fahrer hinter ihm ungeduldig werden und ihn überholen. „Dann hast du ein neues Problem“, sagt Weber.

Und weiter. „Rechts abbiegen. Worauf achten wir?“ – „Auf die Fußgänger.“ Richtig.

„Jetzt links abbiegen.“ Stefan schlägt das Lenkrad ein. Weber zieht es zurück. Die Kollision auf der Kreuzung fällt kurzfristig aus. „Worauf achten wir?“, fragt Weber. „Auf den Gegenverkehr“, antwortet Stefan. Theorie und Praxis sind noch zwei Paar Stiefel.

Weber hat alles im Blick. Er sieht den Kinderwagen am Zebrastreifen, bevor er dort auftaucht. Er weiß um den ungeduldigen Hintermann, der seinen Schüler gleich nervös machen wird. Er ahnt den Radfahrer, der aus der Einfahrt schießen wird. „Man ist immer unter Strom“, sagt Weber, der Berufssoldat werden wollte, Psychologie studiert hat und schließlich Fahrlehrer wurde. Seit 32 Jahren unterrichtet er. 40 Unfälle hat er in dieser Zeit überstanden, zwei nur mit Glück. Das eine Mal hatte ein Sattelzug seinen Golf beim Spurwechsel übersehen und zermatscht. Das andere Mal war ein 40-Tonner auf den Schulwagen gefahren, weil ein Schüler unvermittelt eine Vollbremsung hingelegt hatte.

„Wann fahren wir wieder?“, fragt der Lehrer seinen Schüler am Ende der Stunde. „Noch mal?“, staunt Stefan, der sich reif für die Prüfung fühlt. „Heute hättest du nicht bestanden“, gibt Weber zurück.

Rund 30 Prozent der Fahrschüler fallen durch

Ein Führerschein in Deutschland kostet im Durchschnitt zwischen 1500 und 1800 Euro. Im wohlhabenden Stuttgart können es bis zu 2000 Euro sein. Viel Geld für den Kunden. Aber nicht wirklich viel für den Fahrlehrer, findet Peter Tschöpe. Mehr als 2400 Euro brutto im Monat fahre kaum ein Fahrlehrer ein. Die Inflation werde seit Jahren nicht ausgeglichen, sagt der Verbandschef. Der Preiskampf sei intensiv. Immer mehr Schulen buhlten um immer weniger Schüler. Hat der ACE also doch recht: Zocken die wachsenden Anbieter die schwindenden Nachfrager ab? „So ein Granatenblödsinn“, sagt Peter Tschöpe, der sich und seine Branche durch die Behauptung des ACE diskreditiert fühlt. Außerdem, sagt Tschöpe, liege die Durchfallerquote, seit er selbst Fahrlehrer ist, konstant bei plus/minus 30 Prozent. Das sind immerhin 42 Jahre.

In dieser Quote steckt auch der Fall der jungen Frau, die es während der Prüfung nicht für nötig hielt, auf dem Parkplatz eines Discounters ihr Parkvermögen zu demonstrieren. Weil sie dort eh nie einkaufe. Und der Fall einer älteren Frau, die in eine Tiefgarage rauschte – in dem Glauben, sie fahre in einen Tunnel. Weber hat schon viel Abgefahrenes erlebt.

Merima lenkt das Auto eine steile Seitenstraße hinauf. „Halt mal an“, sagt Herbert Weber. Merima hält. „Fahr weiter“, sagt der Lehrer. Merima zögert. Wie soll sie die Kupplung drücken und Gas geben – ohne die Bremse zu verlassen? „Du bräuchtest eigentlich einen dritten Fuß“, sagt Weber. „Genau“, sagt Merima, die stattdessen Bekanntschaft mit der Handbremse macht. „Merima ist eine gute Schülerin“, sagt der Lehrer. Früher hat er während der Fahrt geraucht. Das hat er sich abgewöhnt. Dafür geht er zur Krankengymnastik. Der Rücken. Sein Handy klingelt. Eine Schülerin sagt ab. Sie hat vergessen, dass heute länger Schule ist. Schon die dritte kurzfristige Absage an diesem Tag. Ein Schüler ist krank, der andere verreist. Zwei Drittel der Kosten für die Fahrstunde müssen sie dennoch bezahlen.

Vor der Scheibe zieht der Schreibwarenladen vorbei, die Volksbank, die Parfümerie, der Optiker, der Handyladen. Gleich kommt die unübersichtliche Kreuzung, dann der Kreisverkehr. Weber passiert die Feuerbacher Ortsmitte in seinem Diesel mindestens einmal pro Stunde. Der Radius von Fahrschülern ist begrenzt. Am Ende der Ausbildung haben die Anfänger maximal 900 Kilometer Erfahrung. „Würden Sie mit so jemandem in Urlaub fahren?“, fragt Weber rhetorisch.

Der ADAC, Deutschlands größter Automobilclub, findet, dass die Zeit in der Fahrschule zu kurz sei.