Ein Ex-Gemeinderat bekommt Mahnungen mit pikantem Inhalt. Er will gegen den Betreiber der Sexseiten vorgehen. Doch der sitzt im Ausland.

Stuttgart - Die Rechnung, die im März 2010 dem Anwalt Roland Kugler ins Haus flatterte, hatte einen pikanten Inhalt. 210,03 Euro sollte der frühere Stadtrat der Grünen zahlen, weil er kostenpflichtige Erotik-Webseiten genutzt haben soll. Das Abo für monatlich 39,95 Euro sollte schon seit 2006 bestehen. Damals saß Kugler noch für die Grünen im Gemeinderat, deshalb wurden die Rechnungen zunächst ans Rathaus, Adresse Marktplatz 1 geschickt.Kugler ist sich sicher: Niemals hat er Seiten wie Voyeurparadise oder parkplatzmagazin.com im Internet angeschaut, geschweige denn ein Abonnement darauf abgeschlossen.

Was den Juristen aufregt: "Das System ist darauf angelegt, dass jemand zahlt, bevor es die Partnerin bemerkt." Kugler zahlte nicht, mit der Folge, dass im Herbst die nächste Mahnung kam: Jetzt sollten schon 2162,56 Euro fällig sein, immer noch für kostenpflichtige Erotikwebsites.

Rechtslücke bei Firmen im Ausland


Um dem Absender, eine Inkassofirma aus Düsseldorf mit dem schönen Namen "wecollect - Wir sammeln Ihr Geld ein", das Handwerk zu legen, entschloss sich Kugler zu einer Zivilklage. Doch bei der Verhandlung am Dienstag am Stuttgarter Amtsgericht machte die Richterin deutlich, dass sie eventuell gar nicht zuständig sei: "Der Sitz der Firma, die die Rechnung stellt, ist in der Schweiz," sagt sie. Denn die Inkassofirma Wecollect führe nur den Auftrag aus. Dahinter stehe eine Sayferpayment AG.

Genau gegen diese Rechtslücke will sich Kugler wehren: "Es kann doch nicht sein, dass die Bürger dadurch rechtlos werden." Er könne schließlich "keinen Briefkasten in der Schweiz" verklagen. Der Anwalt vermutet, dass eine gängige Betrugsmasche hinter den Mahnungen steht, mit denen nach seinen Angaben die ganze Republik überzogen werde. Die Schweizer Firma stelle die Rechnungen für Erotikwebsites, ohne Grundlage, denn Einzelheiten würden nicht genannt. Wecollect versuche dann, diese Forderungen einzutreiben. "Und viele Männer bezahlen wahrscheinlich, damit es Ruhe gibt." Das müsse sich ein Bürger aber nicht bieten lassen.

Wurde dem ehemaligen Stadtrat übel mitgespielt?


Der Anwalt der Firma Wecollect weist das weit von sich: "Das sind alles Mutmaßungen." Seine Firma sei seriös. Vielleicht habe sich auch jemand einen Scherz auf Kosten des Stadtrats erlaubt? Denn das Geburtsdatum und die Mailadresse von Kugler hätten nicht gestimmt.

Das schließt Roland Kugler aber aus:"Ich habe auch nie eine Rechnung gesehen." Nie habe es Belege für sein angebliches Sexabo gegeben, und die Login-Daten für Details über die Rechnung funktionierten nicht. Die Richterin will nun prüfen, ob sie in dieser Sache entscheidungsbefugt ist - sonst muss Kugler eine Strafanzeige stellen, die aber durch den Firmensitz in der Schweiz ins Leere gehen wird.

Am 21. Dezember wird die Entscheidung verkündet.