Die Stadt Bietigheim-Bissinge verfügt über einen Verkehrsrechner, der die Ampeln sämtlicher Straßen steuert. Die Technik hilft auch, dass bei Veranstaltungen etwa in der Arena die auswärtigen Besucher den Weg finden, ohne die City zu verstopfen.

Bietigheim-Bissingen - Es ist ein ganz gewöhnlicher Vormittag unter der Woche, alles läuft ohne Störungen. Claus-Dieter Jaisle schaut prüfend auf den Bildschirm vor sich. Darauf hat er die gesamte Stadt im Blick, sein Augenmerk gilt den Ampeln. Keine der 62 Signalanlagen in Bietigheim-Bissingen ist ausgefallen.

 

Würde allerdings irgendwo Orange aufleuchten, könnte eine Glühbirne defekt sein, bei Rot ist wahrscheinlich das Rotlicht ausgefallen. In letzterem Fall schaltet sich sofort automatisch die gesamte Signalanlage in diesem Bereich aus. Gleichzeitig wird die Wartungsfirma benachrichtigt, die garantiert, alle Störungen innerhalb einer Stunde zu beheben.

Bequem vom Schreibtisch aus kann der Hoch- und Tiefbauamtschef Jaisle alles entspannt prüfen. Auf seinem Schreibtisch in seinem Dienstzimmer befindet sich quasi die Außenstelle des Verkehrsrechners, der im Untergeschoss des Rathauses von Bietigheim-Bissingen steht. Sozusagen in der Sakkotasche hat Jaisle noch eine weitere Außenstelle parat, sein Smartphone nämlich. Auch auf dieses Display werden die Aufzeichnungen des Verkehrsrechners aus dem gesamten Stadtgebiet übertragen. Ein Fortschritt der Technik, alles wird kleiner.

62 Signalanlagen werden zentral gesteuert

Auch der Computer, der zu den Anfangszeiten 1979 noch einen Raum komplett füllte, hat heutzutage die Größe eines Garderobenschranks. Einst wurde das ächzende Gerät von einer Person betreut. Heute braucht die lautlose Technik praktisch keine dauernde Präsenz mehr. 15 Signalanlagen wurden früher zentral geschaltet, heute sind es 62. Und wo längst Mikroprozessortechnik waltet, wurden damals die Programme über Lochstreifen eingelesen.

Noch braucht es in Bietigheim-Bissingen keine Zentrale wie in Großstädten, auch wenn auf der B 27 täglich bis zu 50 000 Fahrzeuge gezählt werden. Noch geht hier alles entspannter zu. Gleichwohl, und darauf ist Claus-Dieter Jaisle stolz: „Wir sind immer auf dem neuesten Stand der Signaltechnik.“ Neben dem Unterhalt städtischer Gebäude, von Parkplätzen oder Sportanlagen, ist das Hoch- und Tiefbauamt auch für die fast 200 Kilometer Straßen im Stadtgebiet zuständig – egal ob Bundes-, Landes-, Kreis- oder Stadtstraßen. Und eben für die Verkehrstechnik. Dabei ist der Verkehrsrechner das „Herz“ des Ganzen, wie sich der Amtsleiter ausdrückt.

Ampeln berücksichtigen die Eishockeyspielpläne

Außer der Signalsteuerung übernimmt der Computer weitere Aufgaben. Zum Beispiel ein dynamisches Wegweisungssystem zur Ege-Trans-Arena. Zwei Stunden vor einem Spielbeginn wird der normale Verkehr in Richtung Eissporthalle über die Südumgehung umgeleitet. Die entsprechenden Eishockey-Spielpläne sind im Rechner hinterlegt, sodass alles vollautomatisch ablaufen kann. Bei relativ hohem Verkehrssaufkommen wie dem Bietigheimer Pferdemarkt, erklärt Jaisle, „schalten wir Sonderprogramme, um Staus zu vermeiden“. Zudem gibt es für alle Ampeln im Stadtgebiet einen Morgen-, Tages-, Abend- und Nachtrhythmus.

Auch die sogenannte Verkehrsabhängigkeits-Steuerung hilft, den Verkehr auf den Hauptstraßen in Fluss zu halten. Das hat den Vorteil, dass hier dann praktisch ständig grüne Welle herrscht, während die Fahrzeuge aus den Nebenstraßen nur bei Bedarf freie Fahrt bekommen. Die Signalanlagen reagieren entsprechend – automatisch ausgelöst durch in der Fahrbahn verlegte Induktionsschleifen.

Der Vollstau auf der A 81 war die Bewährungsprobe

In Planung ist gerade ein weiteres Steuerungsmodul für den Rechner: ein dynamisches Parkleitsystem, das Anfang des kommenden Jahres funktionsbereit sein und die bisherige statische Beschilderung ersetzen soll. Bereits aktiv ist hingegen eine dynamische Pförtnerung: Das sind Signalanlagen, die an fünf Stadteinfahrten – aus Richtung Besigheim, Löchgau, Sachsenheim, Ingersheim und Ludwigsburg - völlig autark auf die jeweilige Verkehrssituation reagieren. Die Bewährungsprobe hat die Regelung hinter sich. Als sich jüngst wegen eines schweren Unfalls auf der A 81 kein Rad mehr drehte, griff der Verkehrsrechner in Bietigheim-Bissingen ein. Um den Kollaps in der eigenen Stadt zu vermeiden, wurden die Fahrzeuge aus Ludwigsburg und Besigheim kommend von den neuen Pförtnerampeln gestoppt – um den innerstädtischen Verkehr zu entzerren.