Frau Hofstetter, Sie verdienen mit Ihrem Unternehmen Teramark Technologies Ihr Geld mit Big-Data- Technologien. Wieso warnen Sie nun so vehement davor?
Weil ich weiß, was mit Big-Data-Analysen möglich ist. Zudem müssen Sie unterscheiden, welche Daten Sie verarbeiten: Im Manifest geht es uns darum, dass Humandaten ausgewertet werden. Wenn Menschen datenmäßig erfasst und analysiert werden, gefährdet das ihre Selbstbestimmung. Der Mensch verliert die Kontrolle über seine Daten und seine Privatsphäre.
Sie warnen vor Nudging, also dem Versuch, Menschen durch Anstupsen in eine Richtung zu bewegen. Ist die Art und Weise, wie die Dinge im Supermarkt angeordnet sind, nicht beispielsweise auch schon Nudging? Was ist die neue Qualität?
Die Qualität der Manipulation ist eine andere als früher. Durch die permanente Überwachung unseres Online-Verhaltens entsteht eine informationelle Asymmetrie. Unternehmen und Staaten wissen mehr über uns denn je. So erlangen sie Macht über uns, nicht nur in Bezug auf unser Konsumverhalten.
Sie befürchten, dass mit den digitalen Diensten auch die amerikanische Mentalität auf uns übertragen wird?
In den USA herrscht ein anderes Verfassungsverständnis. Während Freiheit bei uns die Selbstbestimmung im Kant’schen Sinne meint, spricht man dort von „Liberty“ und meint die Freiheit von staatlicher Regulierung. Für den freien Handel muss alles erlaubt sein. Und diese Wertvorstellung wird in die Technik eingebaut.
Glauben Sie, dass der deutsche Staat Big Nudging einsetzt, also ein Nudging auf der Grundlage von Big-Data-Analysen, um seine Bürger zu manipulieren – wie es im Manifest anklingt?
Ich glaube nicht, dass unser Staat die entsprechenden Technologien dafür hat. Wir sind zu abhängig von den Amerikanern. Aktuell sehe ich hierzulande keine große Gefahr. Aber das kann sich ändern, eine Demokratie muss immer wieder neu errungen und erkämpft werden. Und dass bei der jungen Generation Sicherheit und Überwachung so sehr im Vordergrund stehen, das finde ich bedenklich.