Die Metzinger eröffnen immer mehr eigene Filialen und wachsen zweistellig in Umsatz und Ertrag. Doch für das laufende Jahr bremst Vorstandschef Claus-Dietrich Lahrs die Erwartungen.

Metzingen - Paris, London, Peking – und Stuttgart. Hugo Boss expandiert auch auf der Königstraße. Läuft alles nach Plan, dann eröffnet im Spätherbst ein neuer „Flagship Store“ in der Landeshauptstadt. In diesen Vorzeigefilialen, wie sie im vergangenen Jahr durch Neueröffnungen oder Renovierungen bereits in mehreren internationalen Metropolen entstanden sind, zeigt sich der Modekonzern von seiner besten Seite. „Wir hatten das Glück, eine passende Immobilie zu finden“, sagt eine Unternehmenssprecherin am Rande der Bilanzpressekonferenz in Metzingen.

 

Von der Oberen Königstraße, wo Hugo Boss bisher ein weitaus kleineres Geschäft betreibt, zieht der Luxusmarkenhersteller in das Gebäude des heutigen Modehauses Fischer an der Ecke Stiftsstraße. Auf drei Etagen und mehr als 750 Quadratmetern Verkaufsfläche sei genügend Platz, die gesamte Produktpalette ansprechend zu präsentieren. Stuttgart ist aber nur einer von weltweit 50 Standorten, an denen Deutschlands erfolgreichste Modemarke in diesem Jahr expandiert.

Das Filialnetz ist um 218 auf 840 Geschäfte weltweit gewachsen

Damit bleibt Boss weiter konsequent auf seiner Linie, weg vom reinen Hersteller, der seine Produkte über den Groß- und Fachhandel absetzt, hin zum selbstständig agierenden Einzelhändler. Die Hugo-Boss-Welt wächst und wächst. Allein im vergangenen Jahr wurde das Filialnetz um 218 auf nunmehr 840 Geschäfte ausgebaut – inklusive Übernahmen von Verkaufsflächen der Handelspartner. Zum ersten Mal übertraf der Anteil des eigenen Einzelhandels am Konzernumsatz den des Vertriebskanals Großhandel. Im europäischen Markt stiegt die Zahl der Läden am deutlichsten um 159 auf 469. Im amerikanischen Markt kamen 23 Filialen hinzu und in Asien 36. Um diese  Expansion zu bewältigen, wurden in Deutschland rund 100 neue Arbeitsplätze geschaffen und im Ausland weitere 750.

Boss hat 57 Millionen Euro mehr als im Vorjahr investiert. Insgesamt wurden rund 90 Millionen Euro in den Ausbau des Einzelhandelsgeschäfts gesteckt sowie weitere 30 Millionen Euro in den Neubau eines Logistikzentrums in Filderstadt-Bonlanden südlich von Stuttgart. Dass die Investitionen sich gelohnt haben, belegen die Zahlen für das Geschäftsjahr 2012, die zweistellige Zuwachsraten bei Umsatz und Ertrag ausweisen. „Wir haben unsere Ziele erreicht“, sagte Claus-Dietrich Lahrs, der Vorstandsvorsitzende der Hugo Boss AG, bei der Veröffentlichung der Bilanz. Neben dem Einzelhandel, der währungsbereinigt 19 Prozent Umsatzwachstum generierte, konnten auch die übrigen Vertriebskanäle zulegen: der Großhandel um zwei Prozent und die Lizenzen um 15 Prozent. Das Online-Geschäft, das mit zwei Prozent vom Gesamtumsatz noch einen geringen Stellenwert hat, wuchs um 47 Prozent.

Das Amerika-Geschäft ist der Wachstumsmotor des Konzerns

Der Wachstumsmotor des Unternehmens war im abgelaufenen Jahr die Region Amerika, in der die Umsätze währungsbereinigt um 14 Prozent zulegten. Auch der europäische Markt wuchs zweistellig um zehn Prozent. In Asien stand nur ein moderates Wachstum von vier Prozent zu Buche, was die Boss-Verantwortlichen vor allem auf das schwierige Marktumfeld in China zurückführten. Die im Zuge des Wechsels an Partei- und Staatsspitze gedämpfte Stimmung lasse sich „nicht per Knopfdruck“ wieder auf Wachstum umpolen, sagte Vorstandschef Lahrs.

In seinem Ausblick für 2013 drückte der Manager, dessen Vertrag im Dezember um fünf Jahre verlängert wurde, leicht auf die Bremse. Nach drei aufeinanderfolgenden Jahren mit zweistelligen prozentualen Zuwächsen bei Erlösen und Gewinnen rechnet Lahrs in beiden Bereichen lediglich mit einstelligen Wachstumsraten. Bis 2015 peilt der Modehersteller an, rund 55 Prozent des Umsatzes in eigenen Geschäften zu erwirtschaften – 2012 waren es 49 Prozent. Die Erlöse des in 129 Ländern aktiven Konzerns sollen bis dahin die Marke von drei Milliarden Euro knacken. Als operativer Gewinn sollen dann 275 Millionen Euro in der Kasse bleiben. Hauptnutznießer der Dividendenerhöhung auf 3,12 Euro je Anteilsschein ist der Finanzinvestor Permira. Er hält zwei Drittel der Boss-Aktien.