„Chemie zählt zu den unbeliebtesten Schulfächern – nur Physik ist noch unbeliebter“, sagte die Bielefelder Chemieprofessorin Gisela Lück beim Bildungskongress in Stuttgart. „Das ist ein Unding in einer Industrienation.“ Inzwischen habe sich zwar die Erkenntnis durchgesetzt, dass die aktive Beschäftigung mit naturwissenschaftlichen und technischen Phänomenen schon im frühen Kindesalter nicht nur das Risiko einer späteren Arbeitslosigkeit verringere, sondern auch wesentlich das Selbstkonzept stärke.

 

Doch noch immer werde das forschende Lernen in vielen Kitas ausgebremst durch Erzieherinnen, denen Mint-Themen fremd seien (also Themen der Mathematik, Ingenieur-, Natur- und Technikwissenschaften), oder durch fehlende Ausstattung, berichtete Clemens Weegmann von der Element-i Bildungsstiftung. Dort rät man Kitas, statt einer elften Erzieherin zum Beispiel einen Schreiner oder Ingenieur einzustellen, der Lust habe, im Tandem mit Erziehern mit Kindern zu arbeiten, sich nachqualifizieren zu lassen und sich mit einem Erziehergehalt zufrieden gebe. In der Bildungsregion Hohenlohekreis wurde ein funktionierendes Netzwerk mit 18 produzierenden Unternehmen entwickelt, die ihre Mechatroniker- oder Industriemechaniker-Azubis als Lernpartner in die Mint-Werkstätten von Kitas, Grund- und weiterführenden Schulen schicken.

Auch die Eltern tüfteln gerne

Wie dort gearbeitet wird? Entscheidend sei es, den Kindern Erlebnisräume zu öffnen und sie dann eigenständig tüfteln zu lassen – ohne selbst gleich alles besser zu wissen, sagte Edeltraut Klar von der Öhringer Fachschule für Sozialpädagogik. So habe eine Kita den Kindern zur Aufgabe gestellt, einen schweren Wackerstein fortzubewegen – irgendwie. Als Materialien fanden die Kinder Seile, Rollen, Spaten, Bretter. Die Kinder probierten aus: von Hand ging nichts, per Seil auch nicht, selbst mittels Spaten als Hebel tat sich nichts. Aber die Kinder gaben nicht auf. Mit den Rollen schafften sie es. Die Azubis habe man geschult: „Ihr müsst den Kindern nichts erklären – lasst es euch von den Kindern erklären.“ Dies, so Lück, helfe den Kindern ganz nebenbei, aber maßgeblich beim Spracherwerb. Und es mache Kinder selbstbewusst, alle Kinder.

Sie habe auch Jugendliche aus sozialen Brennpunkten Experimente machen lassen, sagte Gisela Lück. Mit unerwartetem Erfolg. Als man auf Anregung des Oberbürgermeisters auch den Eltern ein Tüftelangebot gemacht habe, gab es innerhalb einer Stunde 170 Anmeldungen.