Gegner des Bildungsplans haben am Samstag erneut in Stuttgart demonstriert. Bei dem Protest gegen das Vorhaben der Landesregierung ist es zu Provokationen und Rangeleien gekommen.

Lokales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - Am Rande der vierten Demonstration gegen den vorgesehenen Bildungsplan der grün-roten Landesregierung ist es am Samstag in Stuttgart erneut zu teils heftigen Auseinandersetzungen gekommen. Weil eine Gruppen meist junger, vereinzelt auch vermumter Leute die Veranstaltung des Aktionsbündnisses „Demo für alle“ massiv stören wollte, nahm die Polizei rund hundert Personen in „verläufiges Gewahrsam“. Ein unbeteiligter Passant wurde durch einen Böller leicht verletzt. Die Veranstalter zählten etwa tausend Kundgebungsteilnehmer, die Polizei sprach von etwa siebenhundert und von einigen hundert Gegendemonstranten. Die Polizei sicherte die Veranstaltung mit etwa eintausend Einsatzkräften. 

 

Es ist Katz-und-Maus-Spiel gewesen, wie man es bei ähnlichen Veranstaltungen schon öfter erlebt hat. Gegen 15 Uhr fanden sich die Teilnehmer der Kundgebung mit Regenschirmen und Protesttafeln wie „Stoppt die Sexualisierung der Kinder“ oder „Vater, Mutter, Kind – Familie voran“ auf dem Schillerplatz ein. Die Gegendemonstranten versuchten daraufhin von der Stiftskirche und dann von der Planie her auf den von der Polizei mit Gittern massiv gesicherten Platz vorzudringen. „Sie haben aggressiv versucht, die Veranstaltung zu stören und die Gitter wegzureißen“, sagte ein Polizeisprecher. In der Folge setzten Beamte Schlagstöcke und Pfefferspray gegen die meist jungen, schwarz gekleideten Aktivisten ein. Auf der Vorderseite des Restaurants Alte Kanzlei, wo es kurzzeitig zu tumultartigen Szenen kam, kreiste die Polizei etwa hundert Gegendemonstranten ein.

Demonstranten beschädigen geparktes Auto

Einige der Demonstranten beschädigten kurz darauf beim Parkhaus am Schillerplatz ein geparktes Auto, erklärte die Polizei. Und noch vor dem Beginn der Kundgebung der Bildungsplangegner krachte plötzlich ein Böller. Dabei wurde ein 50 Jahre alter Fußgänger leicht verletzt. Bei einigen der dem linken Spektrum zuzurechnenden Gegendemonstranten stellten die Beamten auch Böller und Schutzausrüstungen sicher. Sie müssen mit Anzeigen wegen des Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz rechnen.

Bei der Kundgebung des Bündnisses „Demo für alle“, zu dem sich insgesamt 17 Gruppen zusammengetan haben, forderten mehrere Rednerinnen und Redner, die Landesregierung müssen ihren Bildungsplan nicht nur überarbeiten, sondern das Vorhaben ganz aufgeben und die Sexual- und Werteerziehung den Eltern überlassen. Der Entwurf der Landesregierung sieht vor, in Schulen künftig für die Akzeptanz sexueller Vielfalt zu werben und dabei auch Themen wie Homosexualität, Bi- und Transsexualität zu behandeln. Aufgrund der Proteste soll dieser Plan nun überarbeitet und erst 2016 umgesetzt werden.

„Die Familie ist das Leitbild auch in unserer Verfassung“, sagte Hans-Christian Hausmann, der stellvertretende Kreisvorsitzende der Stuttgarter CDU, der, wie er betonte, als einfaches Parteimitglied spreche. Diese Haltung habe mit Hass gegen Homosexuelle nichts zutun. Hubert Ginder, Vorsitzender des Forums Deutscher Katholiken, sprach von einem „Kulturkampf“, der weit über die Grenzen des Landes hinausgehe. Die Publizistin Birgit Kelle sagte, „auch Menschen, die an Gott glauben, können Toleranz fordern“. Guillaume Got, ein Vertreter der französischen Bewegung gegen die Gleichberechtigung von Homosexuellen aus Paris, beschwor die internationale Vernetzung der Akteure.

Unter Rufen wie „Homophobie ist eklig“ oder „Alle in Therapie“ von Kundgebungsgegnern zogen die Teilnehmer, begleitet von Polizeikräften, vor die Oper am Eckensee zur Abschlussveranstaltung, ohne dass es zu weiteren Zwischenfällen kam.

Ein Video zeigt die angespannte Stimmung am Rande der Demo: