Die neue Bildungsreform dürfte viele verärgern. dennoch ist sie berechtigt, kommentiert Renate Allgöwer.

Stuttgart - Schon wieder eine Oberstufenreform. Ja, und sie ist notwendig. Seit Jahren häufen sich die Klagen der Hochschulen und der Ausbilder in der Wirtschaft, den Abiturienten fehle die fachliche Tiefe. Mit der vergangenen Reform wollten Bildungspolitiker im Land die Allgemeinbildung stärken. Deutsch, Mathe und eine Fremdsprache gehörten zum verpflichtenden Kanon. Offenbar war es jedoch in vielen Fällen nicht möglich, in vier Wochenstunden in fünf Vertiefungsfächern ausreichende Grundlagen zu vermitteln.

 

Mehr als 40 Prozent eines Jahrgangs besuchen inzwischen ein Gymnasium. Die Leistungs- und die Begabungsspanne gehen weit auseinander. Das muss die Schule berücksichtigen. Wenn vier Stunden nicht ausreichen, die Grundlagen zu vermitteln, müssen fünf angesetzt werden. Wenn fünf Vertiefungsfächer zu viel sind, müssen drei oder vier reichen. Angesichts der zunehmenden Heterogenität ist es konsequent, Schwerpunkte zu ermöglichen. Es ist besser, die jeweiligen Stärken der Schüler intensiv zu fördern, als breit angelegte Ansprüche zu formulieren, die offensichtlich viele nicht erfüllen können. Anhängern des humanistischen Bildungsideals mag das missfallen. Doch die Reform fußt auf einer realistischen Betrachtung der Lage an den Gymnasien, und sie ist geeignet, den Schülern gerecht zu werden.