Der Landkreis drängt auf die Umsetzung der neuen Bioabfallverordnung. Die strengen Richtlinien können die Kommunen auf ihren Sammelplätzen kaum einhalten. Ob das Sinn macht? Unsere Autoren sind dazu geteilter Meinung.

Das muss mir erst mal einer amtlich geben, dass unser Platz nicht mehr zugelassen ist“, sagt der Bad Boller Rathauschef Hans-Rudi Bührle. Unlängst haben Vertreter des Umweltministeriums die Bürgermeister der Kreisgemeinden über eine neue Verordnung für die Behandlung von Biomüll unterrichtet. Demnach gehören die ortsnahen kommunalen Kompostplätze, wie ihn die Gärtles-, Gütles- und Wieslesbesitzer im Filstal kennen und schätzen, längst verboten, doch viele Bürgermeister sehen das anders.

 

Das „neue“ Gesetz gilt schon seit mehr als einem Jahr

Noch wird auf den Kompostplätzen abgeladen, was die Natur hergibt, und manchmal verbergen die braunen Papiersäcke unter dem Grünschnitt auch Dinge, die auf keinen Fall etwas im Kompost verloren haben. Kontrolliert wird in der Regel weder die Anlieferung noch die Abholung des kompostierten Materials und schon gar nicht der eigentliche Kompostierungsvorgang. Das alles wird aber laut des neuen Gesetzes gefordert, wobei: so neu ist besagtes Gesetz gar nicht. Es gilt schon seit April vorigen Jahres.

Nur noch Gütekompost mit Zertifikat erlaubt

Demnach soll nur noch Gütekompost produziert werden. Dafür aber muss man die Temperaturen im Komposthaufen ständig prüfen, Proben regelmäßig untersuchen lassen und natürlich kontrollieren, dass kein anderer Müll oder mit Krankheiten befallene Pflanzenteile angeliefert werden. Und die Abnehmer müssten sich zertifizieren lassen, denn auch sie sollen nachweisen, wo und wie sie den fertigen Kompost ausbringen.

„Wir machen das auf unseren drei landkreiseigenen Kompostplätzen in Deggingen, bei Gosbach und zwischen Kuchen und Geislingen schon lange so“, erklärt Eberhard Stähle, der Leiter des Abfallwirtschaftsbetriebs des Landkreises. Die Plätze seien befestigt, eingezäunt und nur zu bestimmen Zeiten unter Aufsicht geöffnet. Laut Stähle sollten alle Grüngutsammelstellen so funktionieren.

Neues Kreiskonzept für Kompostplätze

Er will im Spätherbst dem Kreistag eine Grüngutkonzeption vorlegen, wonach die kommunalen Kompostplätze kreisweit durch nur noch ein gutes Dutzend Gütekompostplätze ersetzt werden. „Natürlich können die Kommunen ihre Kompostplätze auch behalten, aber sie müssten sie eben entsprechend aufrüsten. Das wird wohl zu teuer“, gibt der AWB-Chef zu bedenken.

Andererseits doktert der Kreis Göppingen an solchen Vorschlägen schon seit mehr als einem Jahrzehnt herum. Die Vorstöße scheitern regelmäßig zum einen an den Bedenken der Anwohner gegenüber dem zu erwartenden Anlieferverkehr und möglichen Geruchsbelästigungen, zum anderen an der Beharrlichkeit der Gemeinden, die ihre kommunalen Kompostplätze nicht aufgeben wollen.

Ein Treffpunkt wie früher der Dorfbrunnen

„Der Kompostplatz ist ein wichtiger Teil unserer Infrastruktur, gerade bei uns im ländlichen Raum. Für diesen Service will keiner weit fahren oder sich an Öffnungszeiten halten müssen. Da fährt man nach getaner Arbeit hin und lädt ab und oft genug trifft man sogar andere Leute aus dem Ort und hält einen Schwatz“, erklärt der Wäschenbeurener Bürgermeister Karl Vesenmaier. Eine Schließung sei unnötig, zumal es bisher kaum Qualitätsprobleme gebe. „Da gibt es ja auch eine gewisse soziale Kontrolle.“

Die meisten Gartenbesitzer seien nicht nur Anlieferer, sondern auch Abnehmer. Überdies aber nutzen auch Landwirte den Kompost. „Das ist doch unvorstellbar, dass sich ein Landwirt zertifizieren lassen muss, um Komposterde auf seinen Acker zu streuen“, grantelt Vesenmaier.

„Wir haben die Informationen des Ministeriums jetzt zur Kenntnis genommen, mehr auch nicht. Vorschnell wird sicher kein einziger Platz geschlossen werden“, gibt sich auch Hans-Rudi Bührle kämpferisch. Land und Kreis sollten in diesem Falle doch auch einfach mal auf die Kompetenz und Erfahrung der Kommunen vertrauen, fügt er hinzu.

Meinung: Pro

Keine Müllhalde - Was spricht eigentlich dagegen, die Kompostplätze im Kreis besser zu überwachen?

Bislang kann jeder in die blickdichten Papiersäcke packen, was er will. Bauschutt, Plastikmüll, Straßenkehricht mit Streusalz und Splitt und Wer-weiß-was-noch landet so auf dem matschigen Kompostplatz und gammelt zwischen alten Christbäumen, modrigem Rasenschnitt und von Pilzen befallenen Obstbaumästen. Auf einigen Kompostplätzen sieht es aus, wie auf den Müllhalden der Siebziger Jahre.

Welcher Gärtlesbesitzer will ernsthaft in einem derart unkontrolliert gewonnenen Substrat seine Kartoffeln setzen, seine Johannisbeeren damit düngen. Daher landet die unbekannte Mischung meist nur in Blumenkästen, und, weil die privaten Abnehmer fehlen, auf Äckern, auf denen Nahrungs- oder Futtermittel wachsen.

Vermutlich ist es in Wirklichkeit nur halb so schlimm, wie oben geschildert. Vermutlich ist der Kompost vom kommunalen Sammelplatz gerade so gut, wie der aus dem eigenen Garten – vermutlich.

Sicher wissen wir das eben nicht. Gerade deshalb ist es wichtig, auf Plätzen mit kontrollierten Kompostierungsverfahren zu setzen. Wichtig wäre aber schon, dass diese Sammelstellen kundenorientierte Öffnungszeiten haben, also samstags auch mal bis 19 oder 20 Uhr. Ob man aber den Grünabfall in seinem Auto zwei Kilometer zum nächsten kommunalen, oder sechs zur nächsten kreiseigenen Kompostplatz fährt, spielt keine Rolle.

Von Klaus Nonnenmacher

Meinung: Kontra

Völlig überzogen - Der Volksmund weiß es seit Jahrhunderten. Es ergibt Sinn, die Kirche – oder in diesem Fall den Kompostplatz – im Dorf zu lassen. Seit Jahrzehnten wird im Landkreis Göppingen daran gedacht, ein integriertes Grüngutkonzept auf den Weg zu bringen. Bis jetzt ist es stets beim Versuch geblieben, was mehrere Gründe haben dürfte.

Zum einen gibt es in den Kommunen, denen ihr Kompostplatz verloren gehen könnte, Widerstand, weil im Fall der Fälle ein Stück der örtlichen Infrastruktur wegbrechen würde. Zum anderen kann die Qualität des von der Bevölkerung erzeugten Naturdüngers in den vergangenen Jahrzehnten wohl so mies nicht gewesen sein, dass es nun zwingend notwendig ist, auf jeder Biomüllhalde einen Sicherheitsbeauftragten einzustellen. Und teurer wird der Spaß zudem. Dabei ist der Stauferkreis in puncto Müllgebühren im Landesvergleich schon ganz vorne mit dabei.

Dass es seit einiger Zeit ein Gesetz gibt, das die Kreispolitik nun den nächsten Vorstoß unternehmen lässt, macht das Ansinnen indes nicht geistreicher. Vielmehr sollten, in Absprache mit den Städten und Gemeinden, Ideen entwickelt werden, die gerne auch an das Verantwortungsgefühl der Bürgerschaft appellieren dürfen. Schwarze Schafe wird es immer geben. Auch auf von motivierten Grünabfallkontrolleuren überwachten Plätzen ist nicht auszuschließen, dass zwischen Gras, Ästen und Blättern untaugliches oder gar schädliches Material versteckt wird.

Von Andreas Pflüger