Die Kommunen gehen verstärkt mit Blitzern gegen Raser vor. Die Radarfallen sollen die Autofahrer auf das Tempolimit einbremsen. Häufig rentiere sich die Geräte aber auch finanziell.

Kreis Ludwigsburg - Die Polizeistatistik spricht eine klare Sprache. Zwar entstehen die meisten Karambolagen im Straßenverkehr nach Fehlern beim Abbiegen, aber die „unangepasste Geschwindigkeit“ ist nach wie vor Ursache Nummer eins, wenn es um schwere Unfälle geht: 39 Prozent davon waren im Jahr 2013 auf Raser zurückzuführen. Was viele Autofahrer besonders kritisch beäugen und mancher gar als Abzockerei bezeichnet, bleibt vor diesem Hintergrund eine schlichte Notwendigkeit: das Aufstellen von Geschwindigkeitsmessgeräten. Denn auch der Nutzen dieser Geräte lässt sich anhand von Zahlen belegen.

 

Blitzer bremsen Autofahrer auf Tempo 30

2012 habe es nach Einführung der Umweltzonen und der Tempobegrenzung auf 30 Kilometer pro Stunde auf den besonders belasteten Straßenabschnitten im Landkreis deutlich mehr Geschwindigkeitsübertretungen gegeben, sagt der Landratsamtssprecher Andreas Fritz. Nach einer Eingewöhnungszeit pendelten sich die Werte wieder auf Normalniveau ein.

Und dies sei eben auch auf die Blitzer zurückzuführen. An vielen Messstellen, so Fritz, habe man die Überschreitungsquote deutlich senken und damit Unfallschwerpunkte entschärfen können. Bei den stationären Messstellen des Kreises liege diese Quote generell unter einem Prozent, bei den mobilen Anlage ist sie höher. „Eine nachhaltige Wirkung wird nur durch regelmäßig wiederkehrende Kontrollen erzielt.“

Das Landratsamt verdient mit den Blitzern auch Geld

Aber regelmäßige Kontrollen wiederum bringen eben jenen Nebeneffekt mit sich, der viele Autofahrer auf die Palme bringt: konstante Einnahmen. Nach Abzug aller Kosten verdient der Landkreis nach eigenen Angaben jährlich rund eine Million Euro mit den Blitzern.

Das Landratsamt unterhält 40 stationäre Geschwindigkeitsmessanlagen mit neun Kameras, die wechselnd eingesetzt werden. Für mobile Kontrollen stehen zwei Fahrzeuge mit je zwei Verkehrsradargeräten und einem Lasermessgerät zur Verfügung. Die Standorte werden laut Fritz nach Kriterien wie Unfallhäufigkeit oder Verkehrsaufkommen gewählt, ein besonderer Fokus liege auf Stellen mit hohem Gefahrenpotenzial wie etwa Schulwege oder Fußgänger-Überwege. Bei der konkreten Auswahl sind die Kommunen, die Polizei und die Straßenverkehrsbehörde beteiligt.

Das Landratsamt selbst ist zwar nur für Kommunen zuständig, die keine örtliche Verkehrsbehörde besitzen, arbeitet aber auch mit allen anderen Städten zusammen. So gehören beispielsweise die beiden stationären Blitzer in Gerlingen in der Panoramastraße und der Leonberger Straße dem Kreis. Soll die Geschwindigkeit an anderen Straßen gemessen werden, wird ein Radarwagen aus Ludwigsburg angefordert. „Für uns lohnen sich eigene Blitzgeräte nicht“, sagt Antje Stamminger aus dem Gerlinger Rathaus.

Auch die Blitzer im Strohgäu zeigen ihre Wirkung

Die Stadt zahlt dem Kreis 130 Euro pro Stunde für Material, Personal und die Auswertung. Die mobilen Messgeräte werden auch dort eingesetzt, wo es sich die Bürger wünschen – weil sie das Gefühl haben, das gerast wird. Oft allerdings werde dies falsch eingeschätzt, sagt Stamminger. „Sehr hohe Geschwindigkeit messen wir kaum. Die meisten fahren in der 30er-Zone um die 40 Stundenkilometer.“

Auch Korntal-Münchingen macht die Erfahrung, dass die Geschwindigkeitsüberschreitungen zurückgehen. Zumindest bei vier der fünf stationären Blitzer. Nur beim sogenannten Traffi-Tower, einem Überwachungsgerät der neuen Generation, am Ortsausgang von Münchingen sind die Zahlen gleich hoch geblieben. Warum? „Das verstehen wir auch nicht“, sagt Regina Neuhöfer, die Leiterin des Fachbereichs Öffentliche Ordnung.

Die Geräte, die je nach Ausstattung zwischen 30 000 und 90 000 Euro kosten, hat Korntal-Münchingen von Jenoptik zur Verfügung gestellt bekommen. Die Stadt zahlt der Firma pro Foto fünf Euro, sofern es verwertbar ist. Auch hier gilt: die Stadtkasse profitiert. „Aber das kann nie ein Argument sein, Blitzer aufzustellen“, betont Neuhöfer. „Wir sind an die Straßenverkehrsordnung gebunden. Geschwindigkeitskontrollen müssen Sinn haben.“

Das wird in Ditzingen bestätigt, wo ein Verkehrszählgerät eingesetzt wird, um Gefahrenstellen im Stadtgebiet zu lokalisieren. Anhand der gewonnenen Daten lassen sich Straßen herausfiltern, an denen besonders schnell gefahren wird.

Die Stellplätze der Radarfallen werden bewusst gewählt

Finde man eine Gefahrenstelle mit vielen Geschwindigkeitsüberschreitungen, sei eine stationäre Überwachung nötig, erklärt Guido Braun, der Referent des Oberbürgermeisters. Die Überschreitungsquoten der sechs stationären Blitzer liege unter zwei Prozent und steige bei mobilen Messungen auf fünf bis zehn Prozent. Dadurch fließen jährlich zirka 215 000 Euro in den Stadtsäckel.

Rund 700 000 Euro sind es in Ludwigsburg. Als „rentierlich“ bezeichnet Gerald Winkler, der Leiter des Fachbereichs Sicherheit und Ordnung, die Verkehrsüberwachung. Die größte Stadt des Kreises besitzt sieben Messeinschübe, die wechselnd in elf Blitzanlagen installiert werden, und darüber hinaus zwei mobile Anlagen. Auch Gerald Winkler betont, dass das Gros der Vergehen kleinere Überschreitungen in Tempo-30-Zonen seien, 2013 wurde hier 11 000 Mal verwarnt.

Ohne Messungen geht es laut Winkler nicht. Als Gründe nennt er neben der Luftreinhaltung und Lärmreduzierung natürlich auch die Unfallprävention „Je höher die Geschwindigkeit, umso schlimmer die Folgen“, sagt er. „Die Erfahrung zeigt: Wenn wir nicht überwachen, wird schneller und risikoreicher gefahren.“

Vom Starenkasten zum Traffi-Tower

Geräte
Es stehen verschiedene Gerätetypen zur Auswahl, um die Geschwindigkeit von Fahrzeugen zu messen. Die Wahl hänge, so heißt es im Landratsamt Ludwigsburg, von den örtlichen Gegebenheiten ab. Der moderne Anlagentyp, der sogenannte TraffiTower, werde vor allem dann genutzt, wenn er sich gut der Umgebung anpasse. Die Säulen aus Edelmetall seien sabotagesicherer und bedienerfreundlicher als herkömmliche Starenkasten. Außerdem absorbieren sie bei einer Kollision dank des gewölbten Stahlblechs die Aufprallenergie. Auf diese Weise seien Verkehrsteilnehmer und die Technik im Innern gleichermaßen geschützt.

Kosten
Einen Traffi-Tower-Messplatz einzurichten, kostet je nach Ausstattung und Modell zwischen 30 000 Euro und 90 000 Euro. Die Geräte können aber auch geleast werden. Sie haben den Vorteil, dass der Verkehr per Laser oder Radar überwacht wird: In dem Gehäuse können zwei unabhängig voneinander arbeitende Messsysteme installiert werden. Das ermögliche, so heißt es beim Hersteller Jenoptik, eine flexible Geschwindigkeits- oder Rotlichtüberwachung auf bis zu sechs Fahrspuren und in verschiedene Richtungen gleichzeitig. Der Traffi-Tower wurde bereits mit mehreren Designpreisen ausgezeichnet. Auch auf den Straßen von Katar ist er mittlerweile zu finden: Im November 2013 kaufte das Innenministerium des Emirats 60 stationäre Anlagen.