Ein wenig anders ist er, ein weniger schriller als die meisten seiner Kollegen. Peter Neururer, Trainer des VfL Bochum, kommt auch nach einem Herzinfarkt nicht zur Ruhe. Das soll auch der VfB Stuttgart im DFB-Pokalspiel am Samstag zu spüren kriegen.

Bochum - Wer Peter Neururer auf seinem Handy anruft, wird erst einmal mit „Born to be wild“ begrüßt, der ewigen Hymne aller Rocker. So ist er eben, der Trainer des VfL Bochum. Immer noch ein wenig anders, schriller, bekloppter als die meisten Kollegen aus einer Zunft, die seit je turbulent daherkommt, weil ständig geheuert und gefeuert wird. Vielleicht muss man da ja eine kleine Macke haben, um all die Turbulenzen unbeschadet zu überstehen. Wenn einer das beurteilen kann, dann Peter Neururer. Der Mann wird nächstes Jahr 60, vor zwei Jahren erlitt er einen lebensgefährlichen Herzinfarkt, doch wirklich ruhig geworden ist er deshalb nicht. Klar, er hat das Rauchen aufgegeben, „und ich äußere mich nicht mehr ungefragt zu allen Themen“.

 

Doch ein Zampano ist er geblieben. Auf seiner ewigen Odyssee durch den deutschen Profifußball ist Neururer mittlerweile bei seiner 14. Station gelandet. Es ist der VfL Bochum, und damit mal wieder der Verein, zu dem dieser Trainer offenbar am besten passt. Bei seinem ersten Engagement stieg er mit dem VfL auf und führte ihn in den Uefa-Pokal. Auch nun, beim zweiten Anlauf, schaut die Momentaufnahme glänzend aus: Neururer schaffte mit dem Revierclub den Klassenverbleib, nach zwei Spieltagen der neuen Saison grüßt der Club in der zweiten Liga von der Tabellenspitze.

Im Schatten von Dortmund und Gelsenkirchen

Peter Neururer Foto: dpa

Das sind gute Werte für einen Verein, der traditionell damit leben muss, sich im Schatten der beiden Reviergiganten aus Dortmund und Gelsenkirchen mehr schlecht als recht über Wasser zu halten. Die einstmals „Unabsteigbaren“ haben sich längst damit arrangiert, eine Klasse tiefer zurechtzukommen. Im fünften Jahr nacheinander tritt der VfL nun in Liga zwei an, trotz des hoffnungsvollen Saisonstarts und dem fulminanten 5:1 in Aue wissen sie in Bochum genau, wie steinig der Weg zurück ist. Nach dem Kantersieg im Erzgebirge war Neururer mit der Leistung seiner Mannschaft nur bedingt zufrieden und mahnte: „Das Torschussverhältnis von sechs zu sechs sagt eigentlich alles.“ Seine neu formierte Hintermannschaft habe zu viele Standards zugelassen, monierte er.

Dennoch lässt sich konstatieren, dass Neururer und der VfL-Manager Christian Hochstätter ganz offenbar ein gutes Händchen bewiesen, als sie den Kader für diese Spielzeit zusammenstellten: Acht neue Spieler kamen in Aue zum Einsatz, wobei vor allem die Offensive mächtig Eindruck hinterließ. Dem Rückkehrer Stanislav Sestak gelangen ebenso wie dem von Union Berlin gekommenen Simon Terodde zwei Treffer. Assistiert wird das Sturmduo vom Österreicher Michael Gregoritsch und vom Japaner Yusuke Tasaka, die über die Flügel für Wirbel sorgen.

Der Zweitligist glaubt an seine Chance

Der Tabellenführer zu Hause mit vielen Fans im Rücken gegen einen Bundesligisten ohne Punktspielpraxis – da sollte die Favoritenrolle für das Pokalspiel am Samstag gegen den VfB Stuttgart doch diskutabel sein. „Um Gottes willen“, sagt Neururer fast beschwörend, „wir wissen doch genau, wo wir herkommen.“ Immerhin räumt er dann doch ein: „Dass wir schon Wettkämpfe in den Beinen haben, ist ein kleiner Vorteil. Aber der VfB ist rein personell um ein Vielfaches besser aufgestellt.“

Zumindest glauben sie in Bochum an eine kleine Chance. Und daran, aus dem in den ersten beiden Ligaspielen entfachten Rückenwind eine steife Brise entstehen zu lassen, die den Verein durch die Saison trägt. „Wir haben die Fans zu 100 Prozent hinter uns gebracht und werden gegen Stuttgart ein ziemlich volles Haus haben“, betont Neururer. Im Gegensatz zu den meisten Kollegen, die nach Siegen Ruhe, Demut und Bodenhaftung predigen, spricht Bochums Trainer davon, eine „mögliche Euphoriewelle in keinem Fall eindämmen“ zu wollen.

In Bochum kämpfen sie darum, nach einer verdammt langen Phase voller Rückschläge Aufbruchstimmung zu verbreiten. Einer wie Neururer in vorderster Front ist da mit Sicherheit keine Fehlbesetzung: „Die Jahre der Leiden müssen ein Ende haben“, propagiert er: „Dafür müssen wir alle brennen. Ein Sieg gegen Stuttgart würde wahnsinnig helfen. Von mir aus können wir das Feuer hier in Bochum weiter schüren.“ Von wegen zurückhaltend und gesetzt. Das Motto heißt immer noch: Born to be wild. „Ich bin nun mal begeisterter Harley-Fahrer“, sagt Peter Neururer mit einem Lächeln: „Richtig ruhig bin ich wohl erst, wenn es mich nicht mehr gibt.“