Bei einer Aktion des Landkreises erkunden Schüler, Senioren und Rollstuhlfahrer schwer zugängliche und behindertengerechte Orte. Sie werden auf einer App von wheelmap (wheelmap.org) gekennzeichnet, die jeder Nutzer kostenlos herunterladen kann.

Böblingen - Oft machen Schwellen und Stufen in Läden und Restaurants Behinderten das Leben schwer. Manchmal sind die Eingangstüren für Rollstuhlfahrer zu schmal, oder es gibt keine behindertengerechte Toilette – das alles halten Schüler, Senioren und Menschen mit einem Handicap bis Ende November auf einer App namens wheelmap fest. Sie gehen dafür durch 24 Kommunen im Landkreis und werden auf der bereits bestehende Karte der kostenlosen App auf weitere Hinweisen hinweisen. „Wir sind der erste Landkreis überhaupt, der diese Initiative gestartet hat“, sagt Reinhard Hackl, der Beauftragte für Menschen mit Behinderungen im Kreis, „und hoffen auf Nachahmer.“

 

Die Internetkarte (wheelmap.org) haben der Berliner Verein Sozialhelden und der Aktivist und Rollstuhlfahrer Raùl Krauthausen ins Leben gerufen. Mit ihrer Hilfe können rollstuhlgerechte Orte gesucht, gefunden und auch markiert werden. Dazu gibt es Apps für Smartphones. Die Kartierung wird von den Nutzern über einen speziellen Zugang vorgenommen. „Sie können einen Ort mit Rot kennzeichnen. Das bedeutet, dass ein Zugang nicht möglich ist. Eine Türschwelle etwa ist dann mehr als sieben Zentimeter hoch“, erläutert Hackl. Eine Türe müsse auch mindestens 90 Zentrimeter breit sein, damit ein Rollstuhl hindurch passt.

Erschwernisse werden dokumentiert

Misst eine Stufe oder Schwelle weniger als sieben Zentimeter, klickt der Dokumentarist auf Gelb. Ist überhaupt kein Hindernis vorhanden, gibt es ein grünes Signal. „Auf diese Weise entsteht eine Ampelkarte, die zeigt, in wie weit an einem bestimmte Ort Erschwernisse für Gehandicapte bestehen“, fasst Hackl zusammen.

Auf den Aufruf zu der Aktion meldeten sich 26 Schulklassen aus dem Kreis. „Damit können wir fast flächendeckend agieren“, unterstreicht der Landrat Roland Bernhard, der Schirmherr der Initiative. Lediglich für Rutesheim und Weissach ist keine Schulklasse gefunden worden.

Rollstühle gibt es gratis

Bis Ende Oktober gehen die Teilnehmer jeweils zu fünft – Schülern, ein Senior und ein Rollstuhlfahrer – während der Unterrichtszeit einen halben Tag lang auf die von dem Koordinator Hackl ausgewählte Tour. „Es ist auch daran gedacht, dass sich ein Schüler in einen Rolli setzt und erkundet, was es bedeutet, wenn es nicht behindertengerecht zugeht“, erklärt Reinhard Hackl. Danach können sich sowohl die Schulklasses als auch die anderen Beteiligten bis Ende November in Eigeninitiative mit der Ampelkarte befassen und weitere Hinweise einspeisen. Die Schüler verfassen anschließend Berichte und vertiefen das Thema Inklusion im Unterricht.

Die Geschäfte und Gaststätten, die besucht werden sollen, wurden von der Industrie- und Handelskammer, der Handwerkskammer und den örtlichen Gewerbevereinen über das Projekt informiert, die Schülergruppen halten zudem einen Flyer bereit. Die Rollstühle stellen Orthopädiegeschäfte gratis zur Verfügung. Hackl kümmert sich darum, dass alles funktioniert. Die Planung und Koordination der Initiative nimmt einen großen Teil seiner Arbeitszeit im Landratsamt in Anspruch. Darüber hinaus ist noch eine Teilzeitkraft eingestellt worden, die das Wheelmap-Telefon bedient (0 70 31/6 63 22 11) und als Informationszentrale fungiert.

Aktion kostet 110 000 Euro

Alles in allem lässt sich der Kreis Böblingen die Aktion 110 000 Euro kosten. Aus dem Projektfördertopf „Gemeinsam sind wir bunt“ des Landes sind bereits 30 000 Euro geflossen, zudem hat sich die Kreissparkassenstiftung mit 10 000 Euro an den Kosten beteiligt. Besonders engagierten Klassen winken als Dank und Wertschätzung für ihren Einsatz Geldpreise.