Erst jüngst ist der Böblinger Bahnhof für mehrere Millionen Euro umgebaut worden. Doch Fahrgäste klagen, dass Ticketautomaten fehlen – und die wenigen an den falschen Stellen stehen.

Böblingen - Vor wenigen Wochen ist der Umbau des Böblinger Bahnhofes abgeschlossen worden. Eine breite Unterführung verbindet das Quartier Flugfeld mit der Innenstadt, neue Geschäfte sind in das Bahnhofsgebäude eingezogen. Insgesamt hat der Umbau mehr als 17 Millionen Euro gekostet – doch die Klagen der Fahrgäste über den Bahnhof häufen sich. Denn an vier von fünf Gleisen stehen seit dem Umbau keine Ticketautomaten mehr. Wer nach Stuttgart oder Herrenberg fahren will, muss seine Fahrkarte in der Unterführung kaufen. Doch dort stehen nur zwei Automaten.

 

Zwei weitere finden sich an Gleis 1, von dem die Schönbuchbahn in Richtung Dettenhausen abfährt. Doch durch ihre abgelegene Position am Ende des Bahnsteigs werden sie von vielen Fahrgästen übersehen. Zu den Stoßzeiten bilden sich deshalb häufig Schlangen an den Automaten in der Unterführung. An Werktagen nutzen nach Angaben des Stuttgarter Tarif- und Verkehrsverbundes VVS mehr als 23 000 Fahrgäste den Böblinger Bahnhof.

Zusätzliche Automaten sind der Bahn zu teuer

Wer sein Ticket endlich in der Hand hält, muss mit weiteren Schwierigkeiten rechnen: Entwerter für Vierertickets sind nur an einer Seite des Aufgangs zu den Gleisen aufgestellt. Wer die falsche Treppe nimmt, muss mehr als 40 Meter zum Entwerter laufen – bis dahin ist die S-Bahn manchmal schon abgefahren.

Die Probleme sind der Deutschen Bahn bekannt. „Wir prüfen zurzeit, ob die Automaten entlang der Laufwege der Fahrgäste stehen“, sagt Manfred Bandel, der Leiter der Vertriebssteuerung bei der Bahn-Tochter DB Vertrieb in Baden-Württemberg. In einigen Wochen soll das Ergebnis feststehen. Einer der Ticketautomaten vom Gleis 1 könnte dann in die Unterführung wandern. Zusätzliche Automaten will die Bahn aus Kostengründen nicht aufstellen – ein Gerät kostet mehr als 10 000 Euro.

Fahrgastverband Pro Bahn kritisiert Automaten-Standorte

Der Bahnhof Böblingen ist kein Einzelfall. Im Zuge der Umstellung auf neue Automaten werde deren Zahl „meist deutlich reduziert“, hat der Fahrgastverband Pro Bahn beobachtet. Kleinere Stationen würden nur noch mit einem Gerät ausgestattet, außerdem würden die Standorte nicht sorgfältig genug ausgewählt. Das führt zu teuren Korrekturen: „Am Marbacher Bahnhof haben wir die Automaten bereits umgestellt, weil es auch dort Klagen gab“, sagt Manfred Bandel.

Unter dem Umbau des Böblinger Bahnhofs haben vor allem Rollstuhlfahrer und Eltern mit Kinderwagen gelitten. Denn die Aufzüge waren monatelang außer Betrieb. Inzwischen steht an jedem Gleis ein Aufzug – weil Vandalismus am Böblinger Bahnhof selten sei, funktionierten sie in der Regel auch, sagt Werner Graf, der Sprecher der Deutschen Bahn.

Zu Stoßzeiten kommt es dennoch immer wieder vor, dass sich Reisende mit Koffern, Kinderwagen und Fahrradfahrer an den Aufzügen stauen. Eine Rolltreppe zur Entlastung wäre für den Böblinger Bahnhof jedoch keine Option gewesen, sagt Werner Graf. „Diese werden nur bei größeren Bahnhöfen eingebaut.“ Die Barrierefreiheit könne sowieso nur durch Aufzüge gewährleistet werden, sagt Graf: Rollstuhlfahrer könnten Rolltreppen nicht benutzen, die Benutzung mit Kinderwagen sei aus Sicherheitsgründen verboten.

Neue Automaten machen älteren Fahrgästen zu schaffen

Bahn und Verkehrsverbünde gehen davon aus, dass immer mehr Menschen ihre Tickets künftig nicht mehr am Automaten, sondern über den Computer oder das Smartphone kaufen. Auch der Stuttgarter Verkehrsverbund wirbt für die kostenlose „VVS Mobil“-App und gewährt satte Rabatte: Ein Ticket für eine Zone kostet am Automaten 2,20 Euro, mit der App aber nur 2,07 Euro.

Im Fernverkehr hat sich der Fahrkartenkauf mit Rechner oder Smartphone längst durchgesetzt: Mehr als jedes zweite Ticket wird nicht mehr am Schalter oder am Automaten gekauft. Im Nahverkehr ist das anders: hier wird erst jede zwanzigste Fahrkarte per Smartphone gekauft. Bahn und Verkehrsverbünde erhoffen sich durch die Entwicklung Einsparungen bei Personal und Automaten.

Seit einigen Monaten stellt die Bahn neue Kombi-Automaten auf, an denen man Tickets für den Nah- und den Fernverkehr kaufen kann. Nicht nur älteren Fahrgästen fällt ihre Bedienung schwer. Die Bahn bietet deshalb Schulungen an: Im vergangenen Jahr waren es 150 Kurse in Baden-Württemberg. Informationen zu den Schulungen gibt es unter automatenschulungen-b.w@deutschebahn.com.