Richtig im Griff hat BP das havarierte Bohrloch bisher nicht. Jetzt stellt sich die Frage, welche Möglichkeiten noch bleiben.

Stuttgart - Für BP wird die Ölpest am Golf von Mexiko immer teurer. Am Montag gab der Konzern bekannt, dass sich die Kosten für Bekämpfungsmaßnahmen mittlerweile auf zwei Milliarden Dollar (1,6 Milliarden Euro) belaufen. Und ein Ende ist nicht in Sicht - im Gegenteil: selbst BP räumt jetzt ein, dass aus dem defekten Bohrloch weit mehr Öl austreten könnte als bisher angenommen. Im schlimmsten Fall könnten es täglich bis zu 16 Millionen Liter sein, heißt es in einem BP-internen Bericht, den jetzt ein US-Kongressabgeordneter veröffentlicht hat. Als die Zahlen bekannt wurden, übte sich der Konzern wieder einmal in verbaler Schadensbegrenzung: Die Zahlen aus dem internen Dokument seien nicht relevant. Sie hätten sich nur auf den Fall bezogen, dass das defekte Absperrventil am Bohrloch, der sogenannte Blow-out-Preventer, entfernt worden wäre - was bekanntlich ja nicht geschehen sei.

Gleichwohl erschüttern solche Berichte die Glaubwürdigkeit von BP weiter. Passend dazu verdichten sich die Hinweise, dass der Konzern im Vorfeld des Unglücks ziemlich fahrlässig gehandelt haben muss. So hat es offenbar auf der gesunkenen Ölplattform Deepwater Horizon nach Angaben eines ehemaligen Mitarbeiters schon Wochen vor der Explosion Sicherheitsprobleme gegeben. Nach dessen Angaben im britischen Fernsehsender BBC hat er einen Fehler an einer Dichtungsvorrichtung festgestellt und die zuständigen Vorgesetzten informiert. Doch statt das wichtige Teil zu reparieren, habe man es einfach abgeschaltet und sich auf eine zweite Sicherheitsdichtung verlassen. Als Kommentar lies BP dazu verlauten, dass der Plattformbesitzer Transocean für die Instandhaltung der betroffenen Vorrichtung zuständig gewesen sei. Und Transocean wiederum gab an, man habe das Teil noch kurz vor der Explosion überprüft und für fehlerfrei befunden. Was sich tatsächlich in der Zeit vor dem Unglück auf der Bohrinsel abgespielt hat, wird in den kommenden Monaten - hoffentlich - die eingesetzte Untersuchungskommission klären.

Im Internet kann man BP Lösungsvorschläge übermitteln


In der vergangenen Woche hat BP damit begonnen, das von dem Leck im Golf von Mexiko abgepumpte Öl und Gas zu verbrennen. Sobald das Pumpsystem voll funktionsfähig sei, werde man täglich zwischen 800.000 und 1,6 Millionen Liter Öl verbrennen können - hieß es bei BP. Doch unabhängige Experten betrachten die Zahlenangaben des Konzerns mit Skepsis. So wird zum Beispiel immer wieder betont, dass es kaum möglich sei, die genaue Menge des ausströmenden Öls zu ermitteln. Dazu müssten Details über die geologischen Verhältnisse, die Zusammensetzung des Öls und den Druck im Bohrloch bekannt sein.

Eine nicht zu unterschätzende Gefahr geht vom hohen Methangehalt der havarierten Ölquelle aus. Amerikanischen Experten zufolge enthält die Quelle rund 40 Prozent des Gases, normal seien fünf Prozent. Der hohe Methananteil soll auch für die Explosion der Deepwater Horizon verantwortlich gewesen sein. Zudem hat er offensichtlich dazu geführt, dass der zuerst installierte Stahlbeton-Absaugtrichter verstopft ist, weil das Methan auskristallisiert ist und so zu einem zu starken Auftrieb der Glocke geführt hat.