Der mutmaßliche Anschlag auf ein geplantes Flüchtlingsheim in Remchingen ist Thema Nummer Eins und wird heftig diskutiert. Die meisten verurteilen die Tat.

Remchingen - Fast im Minutentakt fahren Schaulustige durch das kleine Sträßchen am Ortsrand von Remchingen im Enzkreis, darunter etliche Reporter. Das frisch renovierte Vereinshaus, in dem Asylbewerbern hätten unterkommen sollen, ist rußgeschwärzt. Die Polizei geht von einem vorsätzlichen Brandanschlag aus – noch seien die Ermittlungen aber nicht abgeschlossen, sagt eine Sprecherin. 19 Beamte suchen vor Ort nach Spuren.

 

Die Behörden ermitteln wegen Brandstiftung; ein fremdenfeindlicher Hintergrund wird nicht ausgeschlossen. Erste Ergebnisse sollen frühestens Mitte der Woche vorliegen. Die „Ermittlungsgruppe Meilwiese“ analysiert unter anderem den Brandschutt nach möglichen Brandbeschleunigern; genauere Angaben wurden auch am Montag nicht gemacht. Der Schaden beträgt etwa 70 000 Euro.

Das zweistöckige Gebäude, das in der Nacht zum Samstag brannte, liegt etwas eingezwängt an der Pfinz, direkt neben der viel befahrenen B 10 und der zweigleisigen Bahntrasse von Karlsruhe nach Pforzheim.

Der Wirt nennt das Geschehen „eine große Dummheit“

Das sei doch „noch gar nicht beschlossen, ob in dem Gebäude überhaupt Flüchtlinge untergebracht werden sollen“, sagt Siegfried H., der Wirt der benachbarten Gaststätte. Sollte sich bestätigen, dass es vorsätzliche Brandstiftung sei, dann sei das freilich „eine große Dummheit“, meint er. Er betreibt seit zehn Jahren das Schützenhaus am Rand des knapp 4000 Einwohner zählenden Remchinger Ortsteils Singen.

Der mutmaßliche Brandanschlag ist Thema Nummer eins in der Kommune: „Am Samstag wurde bei uns oft nach dem Haus gefragt“, erzählt die Verkäuferin im Backhaus. „Es wäre schon schlimm, wenn sich das als Brandstiftung herausstellt“, sagt sie. Auch Salvadore Tarallo, der Wirt des italienischen Restaurants gegenüber dem Bahnhof Wilferdingen-Singen, kann sich nicht erinnern, „dass hier mal so etwas passiert ist“. Derzeit leben 29 Flüchtlinge im knapp 12 000 Einwohner zählenden Remchingen mit seinen vier Teilorten. Die Kommune habe mit insgesamt bis zu 150 Flüchtlingen zu rechnen, heißt es im Landratsamt. Am Ort ist ein vor wenigen Wochen gegründetes „Netzwerk Asyl“ aktiv.

Die Gewerkschaft sagt, ein Rundumschutz sei unmöglich

Bürgermeister Luca Wilhelm Prayon, der noch in der Brandnacht mit einigen Gemeinderäten vor Ort war, hatte noch am Samstag der Hoffnung Ausdruck gegeben, dass kein fremdenfeindlicher Akt hinter der Brandlegung stecken möge. Die scheint sich zu zerschlagen. Der Landrat des Enzkreises, Karl Röckinger, sagte, die Nutzung des Gebäudes als Asylbewerberunterkunft sei noch nicht öffentlich besprochen worden, habe sich aber in Teilen der Gemeinde herumgesprochen. Der Chef der Kripo bei der Karlsruher Polizeidirektion, Karl-Heinz Ruff, sprach davon, dass es in Remchingen „eine bekannte und beobachtete rechte Szene gebe“ – die sei allerdings zahlenmäßig gering und bisher nur wegen Propaganda-Delikten aufgefallen.

Ein Rundumschutz aller Unterkünfte sei nahezu unmöglich, erklärte unterdessen der Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Joachim Lautensack. Schon derzeit gebe es an Aufnahmestellen Problemlagen, die mit örtlichen Polizeikräften bewältigt würden. Er hoffe, dass die Brandstiftung im Enzkreis eine Ausnahme bleibe. „Das ist eine Vorstellung, die ich mir gar nicht machen will, wenn das überhandnähme in Baden-Württemberg.“