Am Beispiel der Geschichte der jüdischen Gemeinden in Jebenhausen und Göppingen lässt sich zeigen, wie die christliche Mehrheit die jüdische Minderheit behandelte. Dazu gibt es neue Arbeitsmaterialien für Schulen.

Region: Corinna Meinke (com)

Göppingen - Für ihr Abitur werden die jungen Besucher ihre Exkursion ins Jüdische Museum Göppingen wohl kaum noch benötigen. Trotzdem haben sich die 12 Abiturienten des Peutinger Gymnasium aus Ellwangen zusammen mit ihrem Lehrer Michael Hoffmann engagiert mit den präsentierten Exponaten und Schriften auseinandergesetzt und dazu ein nagelneues Arbeitsheft für Schulen benutzt. Diese Materialien zu den jüdischen Gemeinden von Jebenhausen und Göppingen hat die Göppinger Pädagogin Maria Würfel erarbeitet. Bei allem Respekt vor dem historischen Ort in der ehemaligen Jebenhausener Dorfkirche geht es in dem Heft um ein brandaktuelles Thema: Wie gehen Mehrheiten mit Minderheiten um?

 

Wie ging die christliche Mehrheit mit der jüdischen Minderheit um?

Das Jüdische Museum Göppingen-Jebenhausen dokumentiert diese Frage am Beispiel der Reaktionen der christlichen Mehrheit in Göppingen im Umgang mit der jüdischen Minderheit. Der zeitliche Bogen spannt sich dabei von den Anfängen der Ansiedlung jüdischer Mitbürger im 18. Jahrhundert über deren Emanzipation und sozialen Aufstieg bis zur Abwanderung nach Göppingen mit Beginn der Industrialisierung und schließlich bis zur Vertreibung und Ermordung Göppinger Bürger jüdischen Glaubens während der Herrschaft der Nationalsozialisten.

Die Erste Göppinger Bürgermeisterin Gabriele Zull bezeichnete das Museum bei der Präsentation der neuen Unterrichtsmaterialien als wertvollen konkreten Lernort. Zudem sei es heute wichtiger denn je aus der Geschichte zu lernen: „Es ist für uns einer Verpflichtung, das an den Göppinger Schulen zu verankern,“ erklärte Zull.

Akzeptanz der Vielfalt verlangt auch der Bildungsplan

Tatsächlich seien Akzeptanz und Toleranz für Vielfalt eine zentrale Leitperspektive im neuen Bildungsplan, darauf machte Eberhard Abele aufmerksam, der zusammen mit dem Ellwanger Pädagogen Michael Hoffmann das Kompetenzzentrum für Geschichtliche Landeskunde im Unterricht leitet. Dieses Zentrum ist eine Außenstelle des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport. Es hat die Aufgabe, die in den Bildungsplänen gewünschte Einbindung landeskundlicher Inhalte in den Unterricht zu fördern. Zu diesem Zweck koordiniert es die Tätigkeit der „Arbeitskreise Landeskunde/Landesgeschichte“ an den Regierungspräsidien und unterstützt sie bei der Erstellung von geeigneten Materialien für den Unterrichtseinsatz in allen Schularten.

Vom Grundschüler bis zum Abiturienten

In dem aktuellen Göppinger Fall handelt es sich um ein 77-seitiges Arbeitsheft für den Unterricht. Es wird von der Stadt Göppingen mit Unterstützung der Landeszentrale für politische Bildung herausgegeben und rückt die jüdischen Gemeinden von Jebenhausen und Göppingen in den Fokus der Leser.

Diese Handreichung für Lehrer und Schüler von der Grundschule bis zum Gymnasium soll den Umgang mit diesem wichtigen Themenfeld erleichtern, wünscht sich die Autorin, die die Kollegen ermuntert, den konkreten Lernort Jüdisches Museum zu besuchen.

Schüler können Kompetenzen erweitern

Maria Würfel bezeichnete es als idealen Zustand, wenn Klassen wie hier vor Ort im Museum arbeiten könnten. Dabei gehe es aber nicht um eine Museumsrallye. Der Pädagogin liegt am Herzen, dass die Schüler in der Auseinandersetzung mit den Göppinger Exponaten und Texten eigene fachspezifische und methodische Kompetenzen erwerben und daraus ihre ganz eigenen Fragestellungen entwickeln.

Die bereits 2004 in den Ruhestand verabschiedete Pädagogin Maria Würfel veröffentlicht seit Jahren Aufsätze zu Themen der Göppinger Stadtgeschichte. Besonders interessiere sie dabei die praktische Umsetzung in den Unterricht, sagte die frühere Gymnasialprofessorin am Göppinger Mörikegymnasium und Fachberaterin für das Fach Geschichte bei dem Treffen im Museum.