Im Prozess um die Brandstiftung wird die Persönlichkeit des 22-jährigen, geistig behinderten Täters allmählich erkennbar.

Manteldesk: Thomas Schwarz (hsw)

Waiblingen - Warum hat der 22-Jährige, der sich zurzeit vor dem Stuttgarter Landgericht wegen schwerer Brandstiftung verantworten muss, das Waiblinger Bürgerzentrum (Büze) angezündet? „Wir sind immer noch auf der Suche nach dem Motiv“, sagte der Vorsitzende Richter Rainer Gless zu der Zeugin, die am Freitag über die Person des jungen Mannes berichtete.

 

Sie kennt den zu 50 Prozent Schwerbehinderten seit dieser zur Welt kam. „Wir wohnten Wohnung an Wohnung mit seiner Mutter. Meine Mutter hat sich um den Jungen gekümmert, wenn sie zur Arbeit war.“ Die alleinerziehende Mutter des Jungen sei Alkoholikerin gewesen. „Sie war völlig überfordert.“ Manchmal habe sie das Kind in seinem Zimmer im Dunkeln eingeschlossen. „Sie saß dann im Wohnzimmer, weil sie ihre Ruhe haben wollte.“

Keine Vorstellung von den Konsequenzen

Mit fünf Jahren sei der Junge zu Pflegeltern gekommen. Ein Jahr später sei seine Mutter gestorben. Den Vater kenne er nicht, hat er am ersten Prozesstag erzählt. Dieser lebe in Stuttgart, habe aber nicht auf Briefe reagiert. Die beiden ersten Aufenthalte bei Pflegeeltern hätten nicht funktioniert, berichtete die Zeugin, deren Mutter seit vier Jahren die Betreuerin des 22-Jährigen ist. „Ich bin ihre Stellvertreterin.“ Elf Jahre lang lebte der Junge dann am Bodensee in einem Kinderdorf, als Teenager musste er dieses jedoch verlassen und kam in eine Einrichtung bei Waldshut. Dort habe es ihm gar nicht gefallen “, sagte die Frau, die sich mit ihrer Mutter über die Jahre immer um den Jungen kümmerte.

„Sie sind wahrscheinlich die Person im Raum, die ihn am besten kennt“, sagte deshalb der Vorsitzende Richter zu der Frau, die Auskunft über das Wesen des Angeklagten gab. „Er kann nicht darüber sprechen, wenn er Probleme hat. Er geht dann einfach weg. Außerdem kann er sich nicht vorstellen, welche Folgen Handlungen haben können“, beschrieb sie einen auffallenden Wesenszug des 22-Jährigen. Außerdem habe er Probleme, die richtigen Freunde zu finden. Im Internat des Berufsbildungswerks (BBW) in Waiblingen, wo er zuletzt lebte, habe er sich prompt denen angeschlossen, die aus der Reihe tanzten. Da er kein großes Selbstbewusstsein habe, habe er auch Geld, ein Tablet und ein Smartphone hergegeben.

Dummheiten unter Alkoholeinfluss

„Seine Behinderung ist ihm peinlich“, sagte die Frau weiter. „Er darf eigentlich keinen Alkohol trinken.“ Da seine Freunde tranken, machte er dennoch mit. „Wenn ich betrunken bin, mach ich dumme Sachen. An dem Tag bin ich herumgesprungen wie ein Huhn“, hatte der Angeklagte am ersten Prozesstag über den Nachmittag des 27. März berichtet. Zusammen mit einem Kumpel und dessen Freundin trank er dort Wodka und Bier. Der Alkohol sei es gewesen, der ihn dazu veranlasste, ein Stück Karton aus einem Papiercontainer anzuzünden und wieder hinein zu werfen. Das dadurch entfachte Feuer sprang später auf das Büze über und wurde zum Großbrand.