Es geht zivilisiert zu vor Norwegens Gericht. Vor Beginn der Verhandlungen begrüßen die Ankläger den Täter mit Handschlag, Richter und Angeklagter sind per Du, das Sie ist im Norwegischen für den Umgang mit dem König reserviert. „Du kannst dich setzen“, sagt Arntzen fast mütterlich zu Breivik, als dieser den Zeugenstand betritt. „Du hast keine Pflicht, dich zu äußern, aber wenn du es tust, sei bitte ehrlich.“ Natürlich will sich Breivik äußern. Was er getan habe, sei ein „präventiver Angriff“ gegen die „Zerstörung unserer Kultur“ gewesen, nicht aus Bosheit, sondern aus „Güte“ habe er gehandelt. „Die kleine Barbarei ist manchmal nötig, um die größere Barbarei zu verhindern.“

 

Da fällt ihm als Rechtfertigung für die Ermordung von Kindern der Atombombenabwurf auf Hiroshima und Nagasaki ein, der 300 000 Unschuldige getötet, aber Millionen gerettet habe. „Ich und andere Militante wenden die gleiche Methode an.“ Sie hätten verstanden, dass demokratischer Widerstand nicht zum Ziel führe, der „wirkliche Terror ist der Multikulturalismus“. Die Hinrichtung von 70 Menschen könne einen „Bürgerkrieg verhindern, in dem Hunderttausende sterben“, fabuliert Breivik.

Die krude Gedankenwelt des Mörders

„Wer gibt dir das Recht, als Verteidiger des norwegischen Volks aufzutreten?“, bohrt Anklägerin Inga Beijer Engh und bekommt das Recht der Völker auf Selbstbestimmung zur Antwort. „Gabst du dir dein Mandat, oder hast du es bekommen“, will Engh wissen, nach langem Palaver räumt Breivik ein: „Das habe ich mir gegeben.“ „Auch das Recht zu töten?“ „Im bewaffneten Kampf gibt es immer Tote“, erwidert Breivik, als habe er auf Utøya gekämpft und nicht wehrlose Jugendliche ermordet.

Es habe in Norwegen und ganz Europa seit der Zwischenkriegszeit keine reelle Demokratie gegeben, lautet Breiviks verzerrte Geschichtsanalyse. Stattdessen herrsche eine „liberalistische und kulturmarxistische Diktatur“, die Schulen und Medien unterwandert und „Nationalisten und Kulturkonservative“ ausgegrenzt habe. Da wettert der Angeklagte gegen Sozialismus und Egalität, gegen Feminismus und die sexuelle Revolution. Seine Opfer auf Utøya seien nicht „unschuldige Kinder“ gewesen, sondern „politische Aktivsten“, das Feriencamp ein „ideologisches Indoktrinierungslager“.

Opfer und Hinterbliebene sind beim Prozess dabei

Das ist schwer auszuhalten für die rund 800 Überlebenden und Hinterbliebenen, die in Oslo oder einem von 17 anderen norwegischen Gerichten die Übertragung aus dem Gerichtssaal 250 hören. Immer wieder verlassen Betroffene um Luft ringend den Gerichtssaal oder seufzen auf, wenn Breivik die Organisation AUF mit der Hitlerjugend vergleicht und Utøya mit einem Indoktrinierungslager für Marxismus und Multikulturalismus. Als ihn die Richterin Wenche Arntzen um Mäßigung bittet, erwidert er, dass er seine Rhetorik aus Rücksicht auf die Hinterbliebenen bereits stark gemäßigt habe.

Viele der Opfer tragen Anstecker mit der Aufschrift „No interviews, please“. Sie wollen in Ruhe gelassen werden. Andere drängt es geradezu, ihre Eindrücke zu teilen. „Ich wusste, dass es hart sein würde, aber es ist härter, als ich dachte“, sagt Ragna Sørlundsengen, die dem Schusshagel entkam. „Ich will dem Mörder ins Auge blicken“, sagt Sofie Lyshagen, die unverletzt davonkam, aber ihre beste Freundin Layla verlor. „Es wird guttun zu sehen, dass jetzt ich die Kontrolle habe. Er muss dasitzen, ich kann jederzeit aufstehen und den Saal verlassen.“

Die Richterin duzt den Angeklagten

Es geht zivilisiert zu vor Norwegens Gericht. Vor Beginn der Verhandlungen begrüßen die Ankläger den Täter mit Handschlag, Richter und Angeklagter sind per Du, das Sie ist im Norwegischen für den Umgang mit dem König reserviert. „Du kannst dich setzen“, sagt Arntzen fast mütterlich zu Breivik, als dieser den Zeugenstand betritt. „Du hast keine Pflicht, dich zu äußern, aber wenn du es tust, sei bitte ehrlich.“ Natürlich will sich Breivik äußern. Was er getan habe, sei ein „präventiver Angriff“ gegen die „Zerstörung unserer Kultur“ gewesen, nicht aus Bosheit, sondern aus „Güte“ habe er gehandelt. „Die kleine Barbarei ist manchmal nötig, um die größere Barbarei zu verhindern.“

Da fällt ihm als Rechtfertigung für die Ermordung von Kindern der Atombombenabwurf auf Hiroshima und Nagasaki ein, der 300 000 Unschuldige getötet, aber Millionen gerettet habe. „Ich und andere Militante wenden die gleiche Methode an.“ Sie hätten verstanden, dass demokratischer Widerstand nicht zum Ziel führe, der „wirkliche Terror ist der Multikulturalismus“. Die Hinrichtung von 70 Menschen könne einen „Bürgerkrieg verhindern, in dem Hunderttausende sterben“, fabuliert Breivik.

Die krude Gedankenwelt des Mörders

„Wer gibt dir das Recht, als Verteidiger des norwegischen Volks aufzutreten?“, bohrt Anklägerin Inga Beijer Engh und bekommt das Recht der Völker auf Selbstbestimmung zur Antwort. „Gabst du dir dein Mandat, oder hast du es bekommen“, will Engh wissen, nach langem Palaver räumt Breivik ein: „Das habe ich mir gegeben.“ „Auch das Recht zu töten?“ „Im bewaffneten Kampf gibt es immer Tote“, erwidert Breivik, als habe er auf Utøya gekämpft und nicht wehrlose Jugendliche ermordet.

Es habe in Norwegen und ganz Europa seit der Zwischenkriegszeit keine reelle Demokratie gegeben, lautet Breiviks verzerrte Geschichtsanalyse. Stattdessen herrsche eine „liberalistische und kulturmarxistische Diktatur“, die Schulen und Medien unterwandert und „Nationalisten und Kulturkonservative“ ausgegrenzt habe. Da wettert der Angeklagte gegen Sozialismus und Egalität, gegen Feminismus und die sexuelle Revolution. Seine Opfer auf Utøya seien nicht „unschuldige Kinder“ gewesen, sondern „politische Aktivsten“, das Feriencamp ein „ideologisches Indoktrinierungslager“.

Ein Laienrichter muss sein Amt bereits aufgeben

So wechselt Breivik zwischen Haltungen, wie man sie auf unzähligen rechten Webforen und selbst am rechten Rand des demokratischen politischen Spektrums findet. Deshalb ist es kein Wunder, dass sich unter den Betroffenen der Verbrechen starke Gefühle breit machen, auch „Hass“, wie Eskil Pedersen einräumt. Und es gibt viele in Norwegen, die meinen, dass die Gefängnisstrafe, die auf Breivik wartet, keine angemessene Sühne ist – zumal der Täter selbst sagt, dass ihn eine Haftstrafe nicht schrecken könne: „Ich bin in einem Gefängnis geboren und aufgewachsen, in dem ich dem Zerfall meiner Nation zusehen muss, dieses Gefängnis ist Norwegen.“

Der Wunsch nach Rache lebt neben der Hoffnung auf ein würdiges, demokratisches Verfahren weiter, doch dass er selbst auf das Gericht überschwappte, führte schon am Dienstag, dem zweiten Prozesstag, zu einem Eklat. Der als Laienrichter ausgewählte Thomas Indrebø hatte am Tag nach den Attentaten in einem Facebook-Kommentar die Todesstrafe als einzig gerechte Strafe für solche Verbrechen bezeichnet. Als dies von einer antirassistischen Website publik gemacht wurde, musste Indrebø sein Amt wegen Befangenheit aufgeben.

// Alles zum Prozess unter http://stzlinx.de/breivik